Kommentar Bildung für alle in Indien: Anfang ist gemacht

Bildung ist der Weg aus der Armut. Aber für die ärmsten Familien wird es weiter nicht möglich sein, ihre Kinder in die Schule zu schicken.

Kostenlose Basisschulbildung für alle: Was aus europäischer Sicht heute als eine Selbstverständlichkeit erscheint, ist in Indien eine Revolution: Denn hier besuchen nach Angaben der Weltbank rund 5 Millionen Kinder unter 14 Jahren keine Schule. Beinahe vier von zehn Erwachsenen können weder lesen noch schreiben. Nicht umsonst sehen daher viele das neue Gesetz, das allen Kindern im Alter von 6 bis 14 Jahren ein Recht auf Schulbildung einräumt, als Meilenstein.

Der Politik bleibt auch kaum mehr eine andere Wahl, als endlich auf die Armen des Landes zuzugehen. Denn die sozialen Spannungen im Land nehmen massiv zu. Im gesamten Osten des Landes tobt ein gewaltiger Maoistenaufstand, den Premier Manmohan Singh einmal völlig zu Recht als "größte Bedrohung" für das Land bezeichnet hat. Diese häufig halbkriminellen Gruppierungen, die sich aufgrund der wachsenden Frustration über die unerträgliche Armut formieren, bekommen deutlich Zulauf.

ist taz-Korrespondent in Indien und Pakistan.

Ob in drei Jahren, wenn das Gesetz vollständig umgesetzt sein soll, tatsächlich alle Kinder eine Schule besuchen werden, ist jedoch fraglich. Denn die Armut auf dem Land nimmt immer schockierendere Ausmaße an. Laut einem kürzlich veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen lebt heute mittlerweile mehr als jedes zweite hungernde Kind der Welt in Indien.

Schuld daran hat zu großen Teilen die wirtschaftliche Liberalisierung des Landes, die zwar hunderten von Millionen Menschen einen beachtlichen Wohlstand gebracht hat, jedoch das ärmste Fünftel des Landes immer tiefer ins Elend drückt. Diese Menschen kämpfen um das nackte Überleben. Sie sind, so abscheulich das ist, darauf angewiesen, dass ihre Kinder arbeiten gehen, und können sich ohne weitere Unterstützung mit Sicherheit keine fehlende Arbeitskraft plus Schuluniformen, Bücher oder Klassenfahrten leisten.

Nichtsdestoweniger brauchen genau sie dringend ein Familienmitglied, das eine Schule besucht hat, um den Teufelskreis aus Armut und Ausbeutung zu durchbrechen. Denn wer in einem Slum sitzt und nicht lesen und schreiben kann, hat kaum eine Möglichkeit, an seinem Schicksal zu drehen.

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