Frauenfußballclub aus Jena sucht Nachwuchs: Im Netz auf Frauenjagd

Der FF USV Jena, seit einem Jahr in der Bundesliga, will einmal deutscher Meister werden. Um die richtigen Spielerinnen dafür zu finden, schaltet der Klub Anzeigen auf Jobbörsen im Internet.

Auf der Bank ist noch ein Platz frei, der soll jetzt per Onlineanzeige besetzt werden: Spielerinnen des FF USV Jena. Bild: ff usv jena, lothar weisner

JENA taz | "Die Arbeit mit dem Team und der Wille zu gewinnen sind dein Antrieb? Du behältst in jeder Situation die Übersicht?" Wäre die Anrede nicht in der zweiten Person formuliert, könnte es sich um ein Stellengesuch für das mittlere Management eines Wirtschaftsunternehmens handeln.

Aber was auf deutschen Onlinejobbörsen zwischen Ausschreibungen für Ausbildungsplätze im Einzelhandel oder Bedienungsjobs in Imbissketten zu finden ist, sucht nach Fußballerinnen. Weiter heißt es in der Ausschreibung: "Im Zweikampf bist du souverän? Technisch bist du sehr stark und mit hoher Lauf- und Handlungsschnelligkeit setzt du deine Stärke um?" Und: "Unser langfristiges Ziel - der Gewinn der deutschen Meisterschaft."

Als der Aufsteiger FF USV Jena im November letzten Jahres auf dem vorletzten Tabellenplatz stand, schien das Abenteuer Bundesliga schon wieder vorbei zu gehen. Der Kader genügte den Anforderungen nicht. Neue Spielerinnen mussten her. "Wir mussten handeln", erinnert sich Andrea Altmann, die beim Klub für Öffentlichkeitsarbeit und Marketing zuständig ist.

Ein Scoutingnetzwerk, wie es bei den Männern beinahe jeder Drittligaverein unterhält, bestand nicht. "Das haben höchstens die großen Vereine der Liga, der 1. FFC Frankfurt, Turbine Potsdam, vielleicht auch die weiblichen Teams vom FC Bayern, Hamburger SV und VfL Wolfsburg. Wir können so etwas nicht finanzieren." Der Etat des Klubs von "deutlich unter 500.000 Euro pro Jahr" ist weniger als halb so groß wie derjenige der führenden Klubs.

Andrea Altmann wandte sich an einen Sponsor des Vereins, der auf Personalmanagement spezialisiert ist. Im Dezember wurden die Jobinserate ins Netz gestellt. "Wir hatten nichts zu verlieren. Junge Frauen sind internetaffin, unsere Kosten bei der Aktion würden gen null gehen, und außerdem würde es einen guten Marketinggag geben."

Ein gutes halbes Jahr später hat der FF USV Jena den Klassenerhalt geschafft. Drei neue Spielerinnen konnten aus Ghana, Brasilien und Äquatorialguinea verpflichtet werden, zur neuen Saison soll eine weitere Akteurin aus Kamerun kommen.

Keine der Spielerin kam über die Stellenanzeigen. Drei Fußballerinnen haben sich bisher schriftlich bei der Geschäftsstelle beworben, eine wurde abgelehnt, mit zwei ist man sich fast für die kommende Saison einig. Allerdings handelt es sich um Nachwuchsspielerinnen für das Sportgymnasium. Die Inserate sollen online bleiben. In der Region hat der thüringische Fußballklub in den letzten Monaten tatsächlich an Bekanntheit und Popularität gewonnen, zu Heimspielen kamen zuletzt, bei gutem Wetter, bis zu 1.600 Zuschauer. Ein Aufwärtstrend ist zu spüren.

Wird man mit inserierten Spielergesuchen deutscher Meister? Altmann denkt nach, sie blickt auf ihren Bildschirm. "Wenn wir uns als Leistungszentrum des deutschen Ostens etablieren, werden die Spielerinnen automatisch kommen. Online werden junge Frauen sehen können, was der Club gerade braucht", schiebt sie mit einem Grinsen nach.

Im Moment sind das eine "offensive Mittelfeldmanagerin", eine "erfahrene Managerin der Viererkette" und eine "Juniorspielerin". Was die Interessentinnen in Jena erwarten, steht auch im Online-Inserat: "Ein stabiles professionelles Umfeld mit vielen Chancen, nicht nur auf dem Rasen" und "das freundliche Klima in unserer Mannschaft, die sich auf dich freut."

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