Schweinegrippe: Impfstoff nur für reiche Länder

In Deutschland regelt das Kabinett eine kostenlose Schweinegrippe-Impfung für alle. In den Entwicklungsländern bekommen den Stoff aber nur wenige.

Kleiner aber wertvoller Pieks – den Impfstoff können sich aber nicht alle Länder leisten. Bild: ap

Jeder Bundesbürger, der sich im Herbst gegen die Schweinegrippe impfen lassen will, soll das können. Das Bundeskabinett beschloss gestern eine lang diskutierte Verordnung, die den finanziellen Rahmen für die Massenimpfung absteckt. Kassenpatienten sollen die zwei Spritzen erhalten, ohne dass Zuzahlungen oder die Praxisgebühr anfallen. Laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) haben auch die privaten Krankenversicherungen zugesagt, die Kosten für ihre Kunden zu übernehmen.

Die Verordnung regelt auch, dass die gesetzlichen Kassen die Impfkosten nur für 50 Prozent ihrer Versicherten tragen müssen - also rund 35 Millionen Menschen. Sind mehr interessiert, zahlt der Staat. Das BMG geht davon aus, dass die Kassen in diesem Jahr 600 Millionen Euro für die Impfung ausgeben müssen, 2010 noch einmal 200 Millionen Euro.

Noch werden die Vakzine gegen das H1N1-Virus klinisch getestet. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) versicherte aber gestern: "Die Impfung bietet einen wirksamen Schutz." Da der Impfstoff ab Ende September/Anfang Oktober erst nach und nach ausgeliefert werde, sollten zunächst besonders gefährdete Bevölkerungsgruppen geimpft werden, betonte die Ministerin. Neben chronisch Kranken nannte sie Schwangere sowie Beschäftigte im Gesundheitswesen, bei Polizei und Feuerwehr.

Laut Agenturberichten geht der Bund davon aus, dass 56 Millionen Menschen die Schweinegrippe-Impfung nutzen wollen. Bislang fest bestellt sind 50 Millionen Dosen - genug für 25 Millionen Menschen. Über Nachbestellungen wird beraten.

Noch ist aber auch unklar, wie viele Dosen die Pharmaindustrie in welchem Tempo herstellen kann. Hilfsorganisationen wie Medico International machen sich Sorgen, dass arme Länder kaum Chancen auf einen gerechten Anteil an der Produktion haben werden. Dieses Problem sieht auch Thomas Schulz vom Gesundheitsministerium in Thüringen, das die deutschen Bestellungen koordiniert.

Sobald Deutschland Vakzin für mehr als 30 Prozent der Bevölkerung ordere, "kaufen wir einem anderen Land den Impfstoff weg", sagte er der taz. Schulz erwähnte auch die Möglichkeit, in Deutschland nicht genutzten Impfstoff an Entwicklungsländer abzugeben.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO versucht unterdessen die Hersteller dazu zu bewegen, genug Impfstoff zu spenden oder ihr preiswert zu überlassen, damit zumindest das Gesundheitspersonal in Entwicklungsländern geimpft werden kann. Bis Anfang der Woche hatten zwei Firmen Spenden zugesagt: GlaxoSmithKline 50 Millionen Dosen, Sanofi Anventis 100 Millionen Dosen.

Zusammen ist das weniger, als die USA für sich bestellen wollen. Die WHO gibt außerdem Pharmafirmen in Ländern wie Thailand und Indien technologische Hilfestellung, damit sie Grippe-Impfstoffe produzieren können. Argentinien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay haben laut Medico vorgeschlagen, bei den Impfstoffen auf Patentierung zu verzichten.

Krankheitsschwerpunkt sind bislang Nord- und Südamerika. Nach einer aktuellen Übersicht der Ärztezeitung gibt es momentan weltweit 2.144 Todesopfer der Schweinegrippe, in Europa sind es bisher 63 Tote.

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