Firma blufft bei Übernahme: Pirate Bay versenkt

Platzt der Verkauf der Filesharing-Seite? Es gibt Zweifel an der Seriösität des Käufers, der kein Konzept vorlegen kann. Mit dem angeblichen Deal soll er den Aktienkurs manipuliert haben wollen.

Gut kopiert und typisch Piratenart: Den Namen geentert und damit Geld verdient. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Am Donnerstag soll der Verkauf besiegelt werden, der die Epoche von Pirate Bay als weltweit größtem BitTorrent-Tracker beenden würde. Über Pirate Bay war es möglich, sich zum kostenlosen Download von urheberrechtlich geschützten Inhalten klicken zu können. Und die „neue“ Piratenbucht mit einem ausschließlich legalen und von Nutzern finanzierten Angebot sollte starten.

Doch daran wird jetzt gezweifelt. Am Freitag stoppte die Börse jeden Handel mit der Aktie des angeblichen Pirate Bay-Käufers und am Samstag machte die Stockholmer Tageszeitung Svenska Dagbladet mit der Überschrift „Piratenbluff“ auf.

Nicht die „Piraten“ haben allerdings geblufft. Sie sind möglicherweise selbst einem Scheingeschäft aufgesessen. Das sollte den einzigen Zweck gehabt haben, den Kurs der Aktie von „Global Game Factory X“ (GGF) zu manipulieren und mit Insidergeschäften Kohle zu machen.

Die am 30. Juni bekannt gegebene Nachricht, dass Pirate Bay an GGF verkauft und dann als legaler Filesharing-Dienst betrieben werden sollte, hatte den Kurs dieses kleinen schwedischen IT-Unternehmens in die Höhe schnellen lassen. Zeitweise wurde die Aktie für das sechsfache des vorherigen Werts gehandelt. Schnell wurde allerdings klar, dass GGF-Chef Hans Pandeya zwar ganz viele Visionen hatte, Nachfragen zu konkreten Details aber nicht beantworten konnte.

Noch in der vergangenen Woche gab es angeblich nicht einmal eine Entscheidung über die monatliche Gebühr, die Nutzer von Pirate Bay für Downloads zahlen sollten. Vage war von umgerechnet „unter 20 Euro“ die Rede. Auch eine Auskunft, ob man denn schon Verträge mit Plattenlabels oder Filmkonzernen geschlossen habe, die ihre Inhalte über Pirate Bay bereitstellen lassen und welche das seien, gab es nicht. Pandeyas Behauptung, er hätte ein Abkommen mit der Musikverwertungsgesellschaft STIM, der schwedischen GEMA, wurde von dieser dementiert: Es gebe nur „Diskussionen“.

Der Handel mit der GGF-Aktie war am Freitagnachmittag gestoppt worden. Mit der Begründung, dass einerseits der Gerichtsvollzieher deren Chef jage – es soll sich um Schulden von umgerechnet 500.000 Euro handeln - und andererseits GGF immer noch nicht mitgeteilt habe, wie man den Kauf denn finanzieren wolle. Mit den Pirate Bay-Machern war ein Kaufpreis von rund 6 Millionen Euro vereinbart worden.

„Wir wollen wissen, wo die Finanzierung herkommt. Darauf haben wir noch keine Antwort bekommen. Solange wir diese Information nicht haben, gibt es keinen Handel mehr mit der Aktie“, erklärte Peter Gönczi, stellvertretender Direktor des Aktienhandelsplatzes „Aktietorget“. Das kann man verstehen: GGF hatte im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von gerade einmal 500.000 Euro einen Verlust von 410.000 Euro gemacht. Wo sollen da sechs Millionen frisches Kapital herkommen?

GGF wird auch vorgeworfen, bewusste Falschinformationen im Zusammenhang mit dem Pirate Bay-Kauf verbreitet zu haben. So behauptetete man Ende Juli das Angebot des Napster-Gründers John Fanning über einen Einstieg bei Pirate Bay für 10 Millionen Dollar zu haben. Etwas was dieser unmittelbar dementierte. Auch für ein angebliches Angebot russischer Investoren über 12 Millionen Euro wurde nie ein Beweis vorgelegt.

Was ebenfalls für ein Bluffgeschäft oder zumindest eine erhebliche Verzögerung des ursprünglichen Zeitplans spricht, ist die Tatsache, dass es die Technik für die „neue“ Piratenbucht noch nicht gibt. Mit deren Hilfe einerseits Torrentlinks zu „illegalem“ Material identifiziert werden und andererseits die Handhabung der Usergebühren und die Bezahlung für erfolgte Downloads an die Copyrightinhaber organisiert werden sollte. Die entsprechende Software-Lösung sollte von der IT-Firma „Peerialism AB“ entwickelt werden. „Peerialism“-Chef Johan Ljungberg gegenüber „Svenska Dagbladet“: „GGF hat nie ihren Teil des Vertrags erfüllt. Wir haben keine Bezahlung bekommen und deshalb arbeiten wir nicht mehr an dieser Technik.“

Laut „Svenska Dagbladet“ ermittelt mittlerweile die schwedische Staatsanwaltschaft für Wirtschaftskriminalität in Sachen GGF. GGF-Chef Pandeya verwirrt weiter: In einer Mail an den IT-Nachrichtendienst CNET-News sprach er erst von einer Konspiration und teilte mit, „GGF geht nun Konkurs“, um einige Stunden später diese Mail als angeblichen Witz zurückzunehmen. Und ein erster Klon mit allen „Pirate Bay“-Torrents ist online (http://www.btarena.net/) gegangen.

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