Tobinsteuer gefordert: Neue Töne aus Großbritannien

Der Chef der britischen Finanzaufsicht FSA spricht sich für eine Tobinsteuer aus. Damit könnte der Staat für bestimmte Geschäfte eine Steuer verlangen und so Gewinne reduzieren.

Dieser britische Lord und Chef der FSA will die Finanzmärkte verlangsamen. Bild: ap

BERLIN taz | Diese Idee bricht mit der alten Logik der Finanzmärkte. Mehr Geld, mehr Risiko, mehr Profit - so kann es nach Ansicht von Adair Turner, dem Vorsitzenden der britischen Finanzaufsicht FSA, nicht weitergehen. Um den "aufgeblähten Finanzsektor" nach der Krise zu verkleinern, schlägt der Chef der Financial Services Authority unter anderem die Einführung einer neuen "Steuer auf Finanztransaktionen" vor.

Im Gespräch mit der Zeitschrift Prospects nannte Turner auch gleich das konfliktträchtige Schlagwort, unter dem diese Idee in Frankreich, Deutschland, Belgien und einigen anderen Ländern bislang bekannt ist: Tobinsteuer, benannt nach dem US-Ökonomen James Tobin. Der Sinn einer solchen Steuer ist es, die Geschäfte auf den Finanzmärkten zu verlangsamen und einen Teil des Gewinns aus Finanztransaktionen zugunsten des Staates abzuschöpfen.

Bislang war die Tobinsteuer in Großbritannien kaum bekannt. Das könnte sich nun ändern. Turner, der seit 2005 ehrenhalber den Titel eines Barons von Ecchinswell trägt, hat sich schon früher als Vordenker betätigt. So sitzt er der Regierungskommission für die Bekämpfung des Klimawandels vor. Mitarbeiter von Großbritanniens Schatzkanzler Alistair Darling gingen auf Distanz zu dem Steuervorschlag.

Zur Tobinsteuer sagte Turner, diese sei "lange Zeit ein Traum von Entwicklungsökonomen und Klimaschützern gewesen". Wenn andere Maßnahmen nicht wirkten, solle man die Steuer jetzt jedoch als Regulierungsinstrument angesichts der Finanzkrise in Betracht ziehen. Er räumte aber ein, dass es "sehr schwer werde, ein globales Einverständnis darüber zu erzielen".

Idealtypisch würde die Tobinsteuer so wirken: Der Staat könnte bestimmte Arten von Geschäften - Spekulation mit Devisen, Papieren oder Aktien - mit einer neuen Steuer belegen. Diese würde den Spekulationsgewinn reduzieren und die entsprechende Transaktion dadurch uninteressanter machen.

Verbreitet wird die Idee seit zehn Jahren von der globalisierungskritischen Organisation Attac. Diese zeigte sich aber von Turners Vorstoß nicht begeistert: "Diese politische Debatte um die Regulierung der Finanzmärkte hinkt den Notwendigkeiten um Jahre hinterher", sagte Silke Ötsch von der Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte. Ohne zusätzliche Maßnahmen greife die Tobinsteuer angesichts der enormen Probleme auf den Finanzmärkten zu kurz.

Das französische, kanadische, belgische und österreichische Parlament haben sich mittlerweile dafür ausgesprochen. Im Wahlprogramm der SPD für die Bundestagswahl Ende September findet sich eine Miniversion der Tobinsteuer. Eingeführt wurde sie bislang aber nirgendwo. Der Grund: Die Nationalregierungen haben Angst, im Wettbewerb der Börsenstandorte ins Hintertreffen zu geraten.

Von der Steuer auf Finanztransaktionen abgesehen, plädiert FSA-Chef Turner dafür, die Gehälter und Boni der Banker durch staatliche Abgaben zu reduzieren und die Vorschriften für Banken zu verschärfen. Diese müssten mehr eigenes Geld in Reserve halten, um ihr Risiko zu reduzieren, sagte Turner. Der Finanzsektor sei über eine "sozial vernünftige Größe hinaus gewachsen".

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