Alkoholverbot auf Weddinger Leopoldplatz: Verbot verflüssigt sich

Das Alkoholverbot auf dem Weddinger Leopoldplatz wird ignoriert. Deswegen überlegt das Bezirksamt, eine Trinkhalle mit kostenfreiem Klo einzurichten.

Trinker lassen sich nicht vertreiben Bild: dpa

Auf dem Weddinger Leopoldplatz braucht es zum Feierabendbier keinen Feierabend. In der Nachmittagssonne fischt ein bärtiger Senior eine Flasche aus seiner Tüte, löst den Korken mit dem Feuerzeug und nimmt einen Schluck. Ein Dutzend Gleichgesinnte, großteils Männer, macht es ihm nach. In einer Stunde werden auf den braunen Holzbänken dreimal so viele sitzen, und alle werden sie beim Griff zur Flasche eine Ordnungswidrigkeit begehen.

Denn auf dem Leopoldplatz ist der Alkoholkonsum seit einigen Monaten nicht mehr gestattet. Für vier Plätze im Verwaltungsgebiet erließ das Bezirksamt Mitte ein entsprechendes Verbot, zu Beginn des Jahres trat es in Kraft. Neben dem Leopoldplatz sind Alexanderplatz, Ottoplatz und Blochplatz betroffen.

Auf dem Leopoldplatz habe sich die Situation durch das Verbot aber kaum gebessert, klagen die Anwohner. Besonders im vorderen Bereich gäbe es nach wie vor konzentrierten Alkoholkonsum, liegen gebliebenen Müll und pöbelnde Trinker. Auch Drogendelikte will man hier regelmäßig beobachten.

Für Bianka Kayser, Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Nazareth, ist auch die mangelnde Hygiene ein Problem. Die Kita auf dem Leopoldplatz liegt in unmittelbarer Nähe zu den Trinkern. Viele von ihnen würden ihre Notdurft am Kita-Zaun verrichten, sagt Kayser. "Wir haben schon Knöterich am Zaun gepflanzt, aber der ist auch durchlässig."

Der Bezirk Mitte hat das Problem immerhin schon erkannt. "Wenn sich das Alkoholverbot nicht bewährt, muss über andere Möglichkeiten nachgedacht werden", sagte Bürgermeister Christian Hanke (SPD) auf einer Bürgerversammlung Anfang der Woche. Derzeit kursiert im Bezirksamt die Idee, auf dem hinteren Teil des Platzes einen Kiosk zu errichten, der auch Alkohol verkaufen könnte. Der Betreiber müsste im Gegenzug dazu verpflichtet werden, sich um die Sauberkeit einer kostenfreien Toilette zu kümmern, so Hanke.

Rainer Bornstein, Direktor der örtlichen Polizeidirektion, begrüßt die Idee des Kiosks. "Man muss sich um diese Menschen kümmern, ihnen entsprechende Angebote schaffen und sie in den Platz integrieren", sagt er. Gegen die Aufhebung des Alkoholverbots hätte er nichts einzuwenden. "Jedes Verbot, das nicht durchgesetzt werden kann, ist ein überflüssiges Verbot."

Mit der Durchsetzung hapert es tatsächlich, denn dem zuständigen Ordnungsamt fehlen nach eigener Aussage dafür Mitarbeiter. Oft könne die Kontrolle nur im Rahmen der täglichen Streife ausgeübt werden, sagt Ordnungsamtsleiter Harald Strehlow.

Auch beim Suchthilfeverein Fixpunkt, der auf dem Leopoldplatz künftig ein Präventionsmobil einsetzen will, freut man sich über den Vorschlag. "Alle versammeln sich an einem festen Anlaufpunkt, und Kioskbetreiber sind als Ansprechpartner immer Gold wert", sagt Mitarbeiter Ralf Köhnlein.

Derweil hat Wirtschaftsbezirksstadtrat Carsten Spallek (CDU) auf dem Weddinger Rathausvorplatz ein weiteres Alkoholverbot ausgesprochen - als zweimonatiger Testlauf. Hanke betonte gegenüber der taz, dass dies eine unabhängige Entscheidung von Spallek sei. Die Einhaltung dieses neuen Trinkverbots soll nun ein Sicherheitsdienst überwachen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.