Luftangriff auf zwei Tanklaster: Afghanen verteidigen Deutschland

Der Chef der afghanischen Kriminalpolizei sagt: Bei dem Bombenangriff wurden Taliban oder Unterstützer getötet - keine Kinder. Grüne wollen Abzug bis 2013.

Der deutsche Luftangriff auf zwei Tanklaster wird in einer Kommission untersucht. Bild: dpa

Möglicherweise hatten David Miliband und Bernard Kouchner die deutsche Kanzlerin nicht gehört. Der britische und der französische Außenminister wiederholten am Dienstagabend in Paris, wie betroffen sie seien über den von der Bundeswehr befohlenen Luftangriff auf zwei Tanklaster im nordafghanischen Kundus. Miliband sagte, Opfer in der Zivilbevölkerung seien "das Gegenteil dessen, warum wir dort sind". Und dies, obwohl Angela Merkel wenige Stunden zuvor im Bundestag erklärt hatte, sie "verbitte" sich Vorverurteilungen aus dem In- und Ausland.

Merkels Vizeregierungssprecher Klaus Vater erkannte in Milibands und Kouchners Äußerungen am Mittwoch jedoch keine erneute Kritik an den Deutschen. "Die Bundesregierung hat das in dem Sinne verstanden, dass es darum geht, eine grundlegende Untersuchung hinzukriegen", sagte Vater in Berlin.

Auf Grundlage des Voruntersuchungsberichts der Nato, wonach von zivilen Opfern durch die Bombardierung ausgegangen wird, hat das Isaf-Kommando nun eine Kommission eingerichtet. Sie wird unter deutscher Beteiligung von einem Kanadier geleitet und soll ermitteln, was genau in der Nacht von Donnerstag auf Freitag geschah, als zwei von den Taliban gekaperte Tanklaster sich im Flussbett des Kundus festfuhren und der Kommandeur des deutschen Lagers deren Bombardierung befahl. Ein Ergebnis wird vom Isaf-Kommando in "einigen Wochen" in Aussicht gestellt. Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestags Reinhold Robbe sprach von gut zwei Wochen.

Afghanische Ermittler haben aber auch schon eigene Ergebnisse vorgelegt. So erklärte der Chef der afghanischen Kriminalpolizei Mirsa Mohammad Yarmand in Kundus, der Angriff sei legitim gewesen. Die Waffenfunde vor Ort bewiesen, dass 45 Taliban getötet worden seien. Insgesamt habe es 82 Tote gegeben. Nach Erkenntnissen der afghanischen Kommission wurde niemand unter 18 Jahren getötet. Auch wenn Zivilpersonen unter den Toten sein sollten, habe das allein der örtliche Taliban-Kommandeur Mullah Abdur Rahman zu verantworten, der auch hinter der Entführung des Tankwagens stehe.

Der Provinzgouverneur Mohammed Omar und seine Geheimdienst-, Armee- und Polizeichefs hatten sich Freitag sofort hinter die Bundeswehr und den Luftschlag gestellt. Die Provinzführung stützt wie Yarmand die These, dass die Zivilisten, die sich in der Nacht den Tanklastern näherten, um etwa Benzin abzuzapfen, ebenfalls Aufständische oder eben deren Verbündete waren. Die paschtunische Bevölkerung des betroffenen Gebiets lebt recht isoliert im afghanischen Norden, der von anderen Volksgruppen beherrscht wird.

Der Sprecher des Verteidigungsministeriums Thomas Raabe erklärte am Mittwoch, ein Bodeneinsatz als Alternative zu einem verheerenden Luftangriff sei aus mehreren Gründen ausgeschlossen worden. In der Tat seien viele deutsche Kräfte in einer Operation 60 Kilometer nördlich gebunden gewesen. Außerdem habe aber auch die Gefahr, dass etwa ein Panzer "ebenfalls im Flussbett steckenbleiben würde", die schlechten Sichtverhältnisse sowie die "große Zahl" der Gegner dagegen gesprochen.

Der Aufregung über den ersten von Deutschen befohlenen Luftangriff mit so vielen und wahrscheinlich auch zivilen Toten hat in Deutschland eine Vielzahl von Politikern motiviert, Zeiträume für einen denkbaren Abzug aus Afghanistan zu benennen. So legten sich nun auch die Grünen fest, dass ein Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte und der Beginn des militärischen Abzugs in der kommenden Legislaturperiode, also bis 2013, möglich sein müssten.

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