Kommentar Slowenien und Kroatien: Und sie bewegen sich doch

Slowenien und Kroatien müssen vor dem EU-Beitritt Kroatiens einen Grenzkompromiss finden. Der schwelende Kosovokonflikt könnte sonst Europa in eine tiefe Krise stürzen.

So etwas hatte es noch nie gegeben: Ein einzelnes Land blockierte den EU-Beitritt eines anderen. Slowenien machte mit seinem antikroatischen Veto in den Augen der europäischen Öffentlichkeit keine gute Figur. Aber zu einem Streit gehören bekanntlich zwei - auch die Kroaten wollten mit dem Kopf durch die Wand.

Der Streitpunkt, der offene Zugang zum Meer für den slowenischen Hafen Piran, hätte mit gutem Willen schon längst beigelegt werden können. Der Meereszugang wäre mit dem Eintritt Kroatiens in die EU ohnehin für Slowenien gesichert gewesen. Wie hoch die Emotionen in der Öffentlichkeit beider Länder gingen, erinnerte an Vorkriegszeiten und war keineswegs dem Streitpunkt angemessen.

Jetzt soll endlich alles besser werden. Die Slowenen haben ihre Blockadepolitik für die Beitrittsverhandlungen aufgegeben, und die Kroaten wollen die EU-Verantwortlichen nicht mehr überzeugen, dass sie allein im Recht sind.

Jetzt kann Zagreb wieder mit Brüssel verhandeln. Und muss noch einiges tun, um alle Beitrittsbedingungen zu erfüllen. Beide Staaten müssen jedoch weiterhin vor dem Eintritt Kroatiens einen Kompromiss in der Grenzfrage finden. Und das ist auch angemessen. Denn trotz aller unschönen Begleitumstände wurde mit dem slowenischen Veto die berechtigte Frage aufgeworfen, ob weitere Kandidaten vor dem Eintritt in die EU ihre bilateralen Konflikte mit Nachbarländern lösen müssen oder nicht. Das träfe in Zukunft vor allem auf Serbien zu, das ja den Staat Kosovo bis heute nicht anerkennt.

Der schwelende Kosovokonflikt könnte Europa in eine tiefe Krise stürzen. Die in Brüssel diskutierte Alternative, das Vetorecht der einzelnen Mitgliedstaaten einzuschränken, führt da nicht weiter. Besser ist es, erst friedliche Regelungen auf bilateraler Ebene festzuschreiben, wie sie Zagreb und Ljubljana nun endlich anstreben.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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