Championsleague - Bayerngegner Haifa: Nur ein paar Schmetterlinge im Bauch

Maccabi Haifa ist das Bayern Israels: Elf Mal Meister und nun die zweite Champions-League-Teilnahme. Vor dem Spiel gegen das Original haben die Grünen "keinen Grund, Angst zu haben".

Der "schlechteste Meister aller Zeiten" war trotzdem besser als RB Salzburg - hier feiert Wladimir Dawlischwili (Nr. 9) sein Tor zum 1:0 im Rückspiel. Bild: reuters

TEL AVIV taz | Eyal Golasa konnte sich am Samstag nicht so recht zwischen Zuversicht und Ehrfurcht entscheiden. „Es gibt keinen Grund, vor Bayern München Angst zu haben“, sagte der 17-Jährige Mittelfeldspieler nach Maccabi Haifas 3:1 über Hapoel Ramat Gan, dem dritten Ligasieg in Folge für den Meister. Beim Gedanken an die Champions League würde er zwar „Schmetterlinge im Bauch“ verspüren, gab der talentierte Spielmacher zu, „aber nicht so viele, dass es mich nervös machen würde.“

Der kleinen Fußballnation am östlichen Mittelmeer geht es vor dem prominenten Besuch aus der Bundesliga ähnlich. Maccabi Haifa, das von den Zeitungen im Sommer noch als „schlechtester Meister aller Zeiten“ verspottet wurde, hat mit seinen unverschämt cool herausgespielten Siegen in der Qualifikation gegen Salzburg die Israelis ein wenig überrascht. Normalerweise kann man sich im heiligen Land ja darauf verlassen, dass ihre Kicker im entscheidenden Moment vor lauter Schmetterlingen furchtbar ins Flattern kommen. Erst vergangene Woche war der Nationalmannschaft zum Beispiel mal wieder das famose Kunststück gelungen, sich in der relativ schwachen WM-Gruppe 2 mit einem unsäglichen 0:1 gegen Lettland selbst vorzeitig zu disqualifizieren. Haifas Einzug in die Königsklasse, die zweite Teilnahme nach 2002, bestätigte dagegen abermals die Sonderstellung der Yerukim, der Grünen: in ganz Europa findet man wohl keinen führenden Klub, der sich vom Rest des Fußballbetriebs in seinem Land so wohltuend abhebt.

Maccabi, elf Mal Meister seit 1984, schlug vor sechs Jahren Olympiakos und Manchester United in der Champions-League-Gruppenphase und durfte als Dritter im UEFA-Pokal weiterspielen. 2007 schied man im gleichen Wettbewerb erst im Achtelfinale aus. Dass die Hafenstädter jene Spiele gewinnen, die andere Mannschaften aus Israel verlieren, ist auch kein Zufall: in der von ausländischen Oligarchen, heimischen Mini-Oligarchen und allerlei windigen Typen bestimmten Ligat ha’Al, der israelischen Premier League, ist Maccabi der mit Abstand professionellste Verein. Eigentümer Ya’acov Shahar, der mit dem Import von schwedischen und japanischen Autos reich wurde, garantiert seit 1992 finanzielle und sportliche Stabilität; dank seiner Standhaftigkeit firmiert er als „grüner Beton“ in den Sportseiten.

200 Millionen Schekel, gut 36 Millionen Euro, hat der 68-Jährige in den vergangen 17 Jahren investiert, dabei aber immer weitsichtig gewirtschaftet. Shahar nahm sich gezielt ein Beispiel an europäischen Strukturen und schickte Geschäftsführer Itamar Chizek als Hospitant zu Spitzenklubs wie Olympique Lyon. Haifas Trainingszentrum, eine zwischen einer Molkerei und einer Bananenplantage gelegene Anlage mit Blick auf das Meer, sucht heute in Israel ebenso ihres gleichen wie die Jugendakademie, in der fast alle israelischen Stars der vergangenen Jahre ausgebildet wurden.

Nur das von der Stadt betriebene Kiryat-Eliezer-Stadion entspricht nicht internationalen Standards. Die Spielstätte wurde 1955 nach einer Spende der italienischen Arbeitergewerkschaft errichtet; seitdem hat sich an dem 14.000 Zuschauer fassenden Areal wenig verändert. Die UEFA-Richtlinien verlangen für die Champions League den Umzug ins Nationalstadion Ramat Gan im Westen Tel Avivs, wo am Dienstagabend 40.000 Besucher erwartet werden. In zwei Jahren will Haifa auch in Europa echte Heimspiele austragen: Mit Hilfe des Reederei-Milliardär Sammy Ofers baut der Klub ein neues Stadion für 30.000 Zuschauer.

In der Industriestadt im Norden des Landes leben Juden und Araber verhältnismäßig friedlich zusammen. Maccabi, das sich seit Jahrzehnten im sogenannten „arabischen Sektor“ engagiert und eine ganze Reihe von Muslimen zu israelischen Nationalspielern gemacht hat, transzendiert so als einziger Klub die religiösen und politischen Spannungen, die den israelischen Klubfußball in verschiedene Lager spalten. Angeblich soll sogar der wegen Mordes und Terrorismus verurteilte Palästinenserführer Marwan Barghouti in seiner Zelle den Grünen die Daumen drücken.

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