Bundestagswahl in Berlin: SPD fällt auf Platz drei zurück

CDU und Linke überholen in Berlin die SPD. Grüne und FDP legen deutlich zu. Wowereit fordert Rundumerneuerung seiner Partei.

SPD-Parteichef Franz Münterfreing demonstriert den Abstand seiner Partei zu den anderen Bild: ap

Die meisten Sozialdemokarten reagierten mit Sprachlosigkeit auf das Ergebnis der Bundestagwahl. Nur Klaus Wowereit schien auf den Moment gewartet zu haben: Schon kurz nach den ersten Hochrechnungen forderte der Regierende Bürgermeister in mehreren Fernsehauftritten eine grundlegende Erneuerung und Verjüngung seiner Partei.

Dabei ist die SPD in Berlin sogar noch deutlicher eingebrochen als im Bund. Laut Auszählungsstand um 21 Uhr verlor die SPD in Berlin rund 14 Prozentpunkte und landet mit gerade noch 20,2 Prozent der Stimmen hinter CDU und Linken nur auf dem dritten Platz. Stärkste Partei wurde die CDU mit 22,7 Prozent. Das sind 0,6 Prozentpunkte mehr als vor vier Jahren. Erstmals liegt sogar die Linkspartei vor der SPD, sie verbessert sich um gut 4 Punkte auf 20,7 Prozent. Grüne (17,2 Prozent) und FDP (11,4 Prozent) können um je rund drei Prozentpunkte zulegen. Den Sonstigen wurden stadtweit 8 Prozent prognostiziert. Eine genaue Aufschlüsselung lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

Die Linken kamen im Westteil der Stadt auf über 11 Prozent. Die Grünen übersprangen in den Innenstadtbezirken fast überall die 20-Prozent-Marke. Die SPD hingegen fuhr stadtübergreifend ein schlechtes Ergebnis ein.

Entsprechend war die Stimmung bei der Wahlparty im Willy-Brandt-Haus. Der SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller sprach von einer "herben Niederlage". Schlimmer hätte es kaum kommen können. "Jetzt müssen wir umsteuern, sonst bluten wir aus", forderte ein linkes Parteimitglied aus Tempelhof. "Wir müssen mit der Agenda 2010 brechen und die SPD wieder zu einer klaren linken Partei machen." Er hoffe, dass nun Andrea Nahles Parteivorsitzende wird. Ein Mitglied der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hingegen setzte trotz der herben Verluste in Berlin auf Klaus Wowereit: "Er hat in Berlin gezeigt, wie man eine linke Mehrheit im Parlament in eine stabile Regierung umsetzt." Deshalb werde Wowereit 2013, bei der nächsten Bundestagswahl, genau der richtige Mann für die SPD sein.

Der forderte unterdessen konsequente Korrekturen bei seiner Partei. "Wir haben viel falsch gemacht", sagte Wowereit. Für die Fehler könne man niemand einzelnen verantwortlich machen. Nun aber müsse die SPD ihr soziales Profil schärfen, forderte Wowereit. Dafür könne sie ihre Zeit als Opposition im Bundestag nutzen. Denn anders als in der großen Koalition müsse sie auf Bundesebene nun keine Kompromisse mehr schließen.

Außer bei der SPD fühlten sich die Anhänger aller Parteien als Sieger. Linke-Fraktionschefin Carola Bluhm freute sich über den "großen Erfolg". Dies zeige, dass die Politik heute an der sozialen Frage nicht mehr vorbeikomme. Der Sieg von Schwarz-Gelb sei dagegen "desaströs", weil er zu zusätzlichen finanziellen Belastungen führen werde.

Zu anhaltendem Jubel führten die Hochrechnungen im Braumeisterstübel, wo der CDU-Kreisverband Mitte den Wahlausgang abwartete. Den meisten Applaus erntete aber nicht das Ergebnis der eigenen Partei, sondern der enorme Gewinn, den die FDP eingefahren hat. Kein Wunder, dass bei der FDP in den S-Bahn-Bögen in Mitte noch lauter gejubelt wurde. "Wir stehen vor einem großen Abend", freute sich Martin Lindner (FDP), der in einem Arm seine Frau hielt, in der anderen Hand ein Glas Bier: "Endlich haben mal die Richtigen gewonnen."

Überraschend gut war die Stimmung auch bei den Grünen. Alle freuten sich über das zweistellige Ergebnis im Bund und den Einzug in den Brandenburger Landtag. "Das ist ein Superergebnis", sagte der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland. Allerdings fügte er hinzu: "Mit Schwarz-Gelb gibt es eine andere Republik. Das ist schlecht für die soziale und grüne Weiterentwicklung unseres Landes."

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