Schwarz-Gelb: Mit Niedersachsen in die Zukunft

Seit sechs Jahren regieren Christdemokraten und Liberale in Niedersachsen. Das Land erlaubt deshalb einen kleinen Vorgeschmack auf die zukünftige Bundespolitik.

Leben unter schwarz-gelb: die Castor-Transporte nach Gorleben gehen in alle Ewigkeit weiter. Bild: dpa

Bürger, willst Du wissen, was Dir in Zukunft unter schwarz-gelb blüht, blicke nach Niedersachsen. Seit 2003 regiert hier Ministerpräsident Christian Wilhelm Walter Wulff, Christdemokrat, Krawattenmann des Jahres 2006 und Träger des "Närrischen Steckenpferd" der Prinzengarde Krefeld. An seiner Seite wirkt der jungendfrische Stellvertreter Dr. med. Philipp Rösler, Freidemokrat mit Migrationshintergrund und Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.

Letzteres mag man kaum glauben. Die Wirtschaft läuft nämlich. Nicht so gut wie in den anderen Bundesländern, aber dafür ganz von selbst - das heißt, ohne dass Röslers Zutun bislang irgendwie auffällig geworden wäre. Dank 623.000 Niedriglohnarbeitern und Dank Wulff, der, wenn es brenzlig wird, selber eingreift. Er hat Volkswagen vor Porsche gerettet und er wird auch die Werften vor den Koreanern und Conti vor Schaeffler retten. Wenn nicht, ist das Brägenwurst, wie der Niedersachsen sagt. Wulffs Maxime lautet: "Die Pflicht des Sichkümmerns darf nicht verkümmern." Und diese Pflicht lässt sich das Kabinett gerne etwas kosten.

Im Haushalt 2009/2010 sind ganze 4,6 Milliarden Euro neue Schulden eingebucht. Laut Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) ist diese Summer angesichts der Wirtschaftskrise eine "alternativlose" Investition. Das war allerdings drei Tage vor der Bundestagswahl. Danach, raunte Möllring, dürfte es bitter werden. Dann "muss alles auf den Prüfstand, es darf da keine Tabus geben".

Die professionelle Ministerriege hat vorgebaut wie Lutz Stratmann (CDU), zuständig für Forschung und Wissenschaft. Mit Hilfe von Studiengebühren und einem Hochschuloptimierungsgesetz hat er Zehntausende Abiturienten aus dem Land getrieben und den Universitäten 180 Millionen Euro abgezapft. Ähnlich kompromisslos gibt sich der Justizminister. Bernd Buhseman (CDU) hält sich rundweg für überflüssig und dokumentiert das mit lustigen Konferenzen, die etwa "Selbstverwaltung der Justiz - Justiz ohne Minister?" heißen.

Ganz so weit ist Kultusministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) noch nicht. Immerhin hat sie es durch das Festhalten am dreigliedrigen Schulsystem und mit der Einführung des Turbo-Abiturs an Gesamtschulen geschafft, Eltern, Lehrer und Schüler auf die Palme zu bringen.

Dieses Kunststück beherrschen auch die Ressortleiter für Innenpolitik, Landwirtschaft und Umwelt: Hie späht Uwe "Black Sheriff" Schünemann (CDU) unter kleinlauten Protesten der Liberalen jeden Grashalm per Kamera aus, bugsiert Migranten mitleidlos über die Grenze und kontrolliert vor Moscheen Ausweise.

Dagegen verweigert Hans-Heinrich Ehlen (CDU) der EU die Zahlung von Schulobst, um mit dem gesparten Geld Hühner- und Schweinemastbetriebe zu bezuschussen - und das Hand in Hand mit Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Sander hält Naturschutz generell für "Schickimicki". Deshalb ist es nur konsequent, wenn er AKW-Laufzeiten verlängern und das Moratorium für Gorleben aufheben will. Das schwarz-gelbe Fazit lautet: Niedersachsen blüht eine strahlende Zukunft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.