Äußerungen über Migranten in Berlin: "Welt"-Chef verteidigt Sarrazin

Erst hagelte es Kritik, dann entschuldigte sich Bundesbank-Vorstand Sarrazin für seine Äußerungen über Migranten. Nun bekommt er Rückendeckung von einem Chefredakteur des Springer-Verlags.

Auch nach seiner Entschuldigung geht die Diskussion weiter: Sarrazin. Bild: dpa

BERLIN taz/ap | Nach heftigem Protest gegen seine Äußerungen über Migranten in Berlin bekommt Bundesbank-Vorstandsmitglied Thilo Sarrazin Unterstützung vom Chefredakteur der Tageszeitung Welt, Thomas Schmid.

Der frühere Berliner Finanzsenator Sarrazin (SPD) hatte in einem Interview mit der Zeitschrift Lettre International gesagt, "eine große Zahl an Arabern und Türken in dieser Stadt" sei "weder integrationswillig noch integrationsfähig". Sie hätten "keine produktive Funktion, außer für den Obst- und Gemüsehandel". Er müsse niemanden anerkennen, der "vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert". Dies gelte "für 70 Prozent der türkischen und 90 Prozent der arabischen Bevölkerung in Berlin".

Schmid verteidigte Sarrazin nun in seinem Blog auf der Welt-Internetseite für seinen "Mut": "Er spricht eine offenkundige Wahrheit aus." Und es sei wichtig, dass jemand sie ausspreche, argumentiert Schmid. "Nicht, dass sie ausgesprochen wird, schürt rassistische Vorurteile. Es gilt umgekehrt: Wenn derlei nicht ausgesprochen werden darf, schürt es die Verbitterung derer, die aus täglicher Anschauung ganz genau wissen, dass zutrifft, was Sarrazin da gesagt hat."

Die Auseinandersetzung über Einwanderung und Integration vertrage realistischere Töne als "den sozialarbeiterischen, der seit geraumer Zeit vorherrscht". Einwanderer müssten "es sich gefallen lassen, dass sie dort kritisiert werden, wo sie keine Anstrengungen unternehmen, Teil dieser Gesellschaft zu werden".

Sarrazin selbst hatte sich am Donnerstag öffentlich entschuldigt. Ihm sei es nicht darum gegangen, einzelne Volksgruppen zu diskreditieren.

Die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl fordert dennoch den Parteiausschluss von Sarrazin. Nach seinen abfälligen Äußerungen über sozial Benachteiligte und Migranten sei er "in der Sozialdemokratie untragbar", sagte Högl der Rheinischen Post.

Scharfe Kritik kam zuvor vor allem von den Grünen und der Gewerkschaft ver.di. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Schick sagte der Frankfurter Rundschau: "Diese Äußerungen finde ich widerlich." Der im verdi-Vorstand für den Finanzsektor zuständige Gewerkschafter Uwe Foullong bezeichnete die Bemerkungen als "skandalös" und "rechtsradikal". Die Bundesbank hatte sich von den Äußerungen ihres Vorstandsmitglieds distanziert.

Die Berliner Staatsanwaltschaft prüft nach Angaben eines Sprechers weiter, ob die abfälligen Bemerkungen des ehemaligen Finanzsenators der Hauptstadt einen Straftatbestand erfüllen.

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