Erdbeben in Indonesien: Warnungen wurden ignoriert

Im indonesischen Katastrophengebiet um die Stadt Padang hat es Warnungen vor Beben sowie eine Verschärfung der Bauvorschriften gegeben - genützt hat es nichts.

Aufräumen nach dem Erdbeben: Männer zwischen Trümmern in Padang. Bild: dpa

Eine Woche nach dem schweren Erdbeben hat das Leben im indonesischen Padang wieder in seine alten Bahnen zurückgefunden. In einigen Stadtteilen fließt wieder Strom. Die Handynetze, die mit den Erschütterungen weitgehend ausgefallen waren, funktionieren wieder. Die lokalen Gemüsemärkte sind voller Menschen. Die Körbe der Händler und Bauern aus der Region sind gut gefüllt.

Dennoch ist das Ausmaß der Zerstörungen, die über die Hauptstadt der Provinz West-Sumatra hereingebrochen sind, noch überall zu sehen. Hinter dem großen Gemüsemarkt im Zentrum ragen die Trümmer der eingestürzten Markthalle empor. Das mehrstöckige Gebäude ist komplett nach hinten weggesackt. Dutzende Menschen sind darin zerquetscht oder schwer verletzt worden.

Das gesamte Stadtzentrum zeugt von den immensen Kräften, mit denen die Schockwellen des Bebens gewütet haben. Shoppingmalls, Hotels, Büro- und Regierungsgebäude stehen zerrissen und zerschlagen am Staßenrand. Das Zentrum sieht aus, als wäre es bombardiert worden. Zahlreiche Tote werden noch in den Trümmern vermutet. Verwesungsgeruch zieht durch manche Stadtteile. 70 Kilometer weiter nördlich in der ländlichen Gegend um die Hafenstadt Pariaman liegen ganze Dörfer in Schutt. Erdrutsche haben mindestens vier komplette Dörfer unter sich begraben und alles Leben erstickt. Hunderte Menschen werden allein dort vermisst. Die Region liegt dem Epizentrum am nächsten.

In der 900.000-Einwohner-Stadt Padang sind hingegen in den Wohnvierteln die meisten Häuser stehen geblieben. Doch sind alle großen Gebäude der Stadt, Zeichen eines erst in den vergangenen Jahren eingesetzten bescheidenen Wohlstands, eingestürzt oder massiv beschädigt. "Wir sehen uns dazu gezwungen, zu sagen, dass die Tragödie, die sich letzte Woche in Indonesien ereignet hat, nicht hätte geschehen müssen", schreibt Miyamoto International in einem Bericht. Laut der US-Firma, die im Auftrag der Weltbank weltweit erdbebensichere Gebäude entwirft und baut, hätten bereits im Jahr 2007 Mitarbeiter auf Einladung der Regierung die Region Padang besucht. Schon damals hätten sie festgestellt, dass die meisten Schulen, Krankenhäuser, Einkaufszentren und Industriegebäude einem schweren Beben nicht standhalten würden.

"In solchen Regionen werden meist nur die oberen Stockwerke der größeren Gebäude massiv ausgebaut", sagt ein Statik- und Bauexperte des deutschen Technischen Hilfswerks (THW). Erdgeschosse bestünden dagegen meist nur aus Säulen, zwischen denen sich Parkhäuser oder zur Straße hin offene Geschäfte befänden.

Immer mehr Kritiker bemängeln, dass sich in Indonesien Baufirmen nur selten an Vorschriften hielten. "Wenn man anders an die Sache herangehen und anders bauen würde, kämen nur sehr wenige Menschen ums Leben", sagte Rick Cameron, ein australischer Architekt, der in Padang lebt. Laut Padangs Bürgermeister Fauzi Bahar seien bereits 2002 nach kleineren Beben strengere Bauvorschriften erlassen worden. Doch viele Bauunternehmen sparten an Stahl und Beton: "Sie denken nur an die Kosten und nicht an die Sicherheit der Menschen." Die meisten nun eingestürzten Gebäude seien ohne Beachtung der neuen Vorschriften gebaut worden.

Dabei wurde seit Jahren gewarnt, dass es zu einer Katastrophe wie in Padang kommen könnte. Direkt vor Sumatra schiebt sich die indisch-australische tektonische Platte unter die nordöstlich gelegene eurasische Platte. Vor Padang haben sich die Platten bei dem Tsunami-Beben 2004 so sehr ineinanderverhakt, dass Experten schon lange eine Reihe schwerster Beben voraussagen. Dass trotzdem nur wenig zur Vorbeugung getan wurde, hat einen einfachen Grund: "Es gibt so viel Korruption in Indonesien", sagt Djazuli Ambari, Generalsekretär des Roten Halbmonds in Indonesien. "Geld ist verfügbar, und es sollte kein Problem sein, Häuser mit starken Fundamenten zu bauen. Aber leider wird das Geld zweckentfremdet."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.