Unterhändler streiten in Bangkok: Neuer Klima-Vertrag droht zu scheitern

In Bangkok gibt es einen Vertragsentwurf für den Kopenhagener Klimagipfel. Der könnte an der Frage scheitern, ob das Kioto-Protokoll weiterhin als Grundlage dienen soll.

Angespanntes Verhandlungsklima: Laut UN-Vertreter Yvo de Boer ist die Vertragsstruktur ausgehandelt - entscheidende Details fehlen aber noch. Bild: dpa

BANGKOK taz | „Die Struktur des Vertrages steht jetzt im Wesentlichen“. Mit dieser Einschätzung hat Yvo de Boer, Chef des UN-Klimasekretariates, am Freitag die Arbeit der gut 1.700 Klimadiplomaten in Bangkok gelobt. 14 Tage lang hatten sie aus einem Wust von Anträgen und Vorschlägen ausgesiebt, um am Ende ein verhandelbares Dokument für den Klimagipfel in Kopenhagen auf den Tisch zu bekommen.

„Jetzt gilt es nach Hause zu fahren, sich mit den jeweiligen Regierungen zu beraten und in die Lehrbücher zu schauen“, sagte de Boer. Die entscheidenden Details nämlich fehlen im Vertragstext: Jene Minderungsziele, zu denen sich Industrie- und Schwellenländer verpflichten wollen. De Boer sagte: „Die Menschen auf der Welt haben ein Recht darauf, zu erfahren welche Regierung was für die Zukunft zu leisten bereit ist“. Und dieser Zeitpunkt sei spätestens jetzt gekommen. Zu einer letzten Vorkonferenz treffen sich die Klimadiplomaten Anfang November in Spanien.

Die Rolle der USA bestimmte auch in Bangkok das Verhandlungsparkett. "Wir werden unsere Treibhausgas-Emissionen bis 2050 um 80 Prozent reduzieren", erklärte US-Chefunterhändler Jonathan Pershing am Freitag, die Obama-Administration werde für dieses Ziel "messbare Politik" erarbeiten. Allerdings sind die USA nach wie vor nicht bereit, das Kioto-Protokoll zu unterzeichnen.

Selbst wenn sich die Industriestaaten zu akzeptablen Reduktionsverpflichtungen durchringen, könnte Kopenhagen an dieser Frage scheitern. "Wir werden in Kopenhagen kein Abkommen akzeptieren, dass nicht auf dem Kioto-Protokoll fußt", erklärte der indische Chefunterhändler Shyam Saran. Lumumba D'Aping, Sudanese und aktueller Chef der G77, erklärte: „Wir haben 15 Jahre verhandelt, um das Kioto-Protokoll zu installieren. Es gibt überhaupt keinen Grund, das in Kopenhagen wegzuwerfen“.

Das sehen die USA natürlich anders: Präsident Bill Clinton hatte seinerzeit Kioto zwar unterschrieben, aber nicht die nötigen nationalen Mehrheiten zur Ratifizierung organisieren können. Im Kioto-Protokoll hatte Clinton die USA verpflichtet, ihre Emissionen bis 2012 um sieben Prozent gegenüber 1990 senken müssen - aktuell jedoch liegt der Ausstoß jedoch 15 Prozent darüber. Die USA fürchten, dass sie mit einer Unterschrift unter einen Kioto-II-Vertrag die Verpflichtung akzeptieren – und 21 Prozent Treibhausgas zusätzlich reduzieren müssen. Die Regularien von Kioto I sehen das nämlich genau so vor.

Der Malteser Michael Zammit Cutajar, der die Verhandlungen leitet, erklärt den Konflikt so: „Die G77 wollen ein neues Kioto-Protokoll, die EU einen Vertrag wie das Kioto-Protokoll, die USA einen ganz anderen Vertrag als das Kiotoprotokoll“. Das klingt nicht sehr dramatisch, ist aber eine Bombe: Sowohl die G77 als auch die USA erklärten wechselseitig, dass sie Kopenhagen scheitern lassen, wenn nicht ihr Weg beschritten wird – De Boer erklärte, die unterschiedlichen Vertragsvorstellungen hätten das Misstrauen zwischen wohlhabenden und armen Ländern verstärkt. „Es gibt sicherlich einiges, was am Kioto-Protokoll verbessert werden muss. Aber es gibt keinen Grund, ein Abkommen jenseits des Kioto-Protokolls zu suchen“.

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