Autor Yu Hua und die Zensur: Das Dunkle im leuchtend roten China

Yu Hua hat Humor und ist ein mitreissender Redner. Seine Geschichten hält er für "heftig". Die chinesische Zensur sieht das auch so und verhindert ihre Verfilmung.

Mit schwarzem Humor über eine profitgeile Gesellschaft: Der chinesische Autor Yu Hua, aufgenommen während eines Interviews in Frankfurt am Main im Sommer. Bild: dpa

Yu Hua pflegt einen feinen humorvollen Stil – und wäre er nicht Schriftsteller, könnte er als Redner durch die Lande ziehen und daraus ein hübsches Einkommen beziehen. Der Leser muss wissen, dass ich ganz besondere Sympathien für Yu Hua hege: Eines Winters, ich hatte mit einem Freund zusammen in Peking eine Wohnung gemietet, war es ungewöhnlich kalt. Uns blieb nichts anderes übrig, als uns an viel Lyrik und Yu Huas Erzählungen zu wärmen.

Yu Huas Erzählungen gelten als besonders grausam. Er selbst charakterisiert sie vor etwa 100 Zuhörern in der Frankfurter Goethe Universität als intensiv und heftig. Was meint er mit „heftig“? Das erklärt er nicht. Ich denke, er meint die Intensität dunkler Mächte. Die meisten seiner Erzählungen enden tragisch, was den Verdacht aufkommen lässt, er ziele mit seiner Darstellung des Elends auf Mitleid. Tatsächlich ist er eher ein humorvoller Mensch.

Im Vorlesungssaal der Goethe-Uni hängt eine ganze Galerie mit Fotos chinesischer Schriftsteller. Nur Yu Huas Foto hat einen leuchtend roten Hintergrund. Auch das nennt er „heftig“ und bleibt erneut die Definition dieses Begriffs schuldig. Dass ein Schriftsteller im leuchtend roten China das Dunkle oder Tragische dieser Welt zum Gegenstand seiner Werke und damit auch noch Furore macht, ist an sich schon ein Wunder. Vor dreißig Jahren hätte dieser Yu Hua als Schriftsteller in China gar nicht existieren können, mittlerweile verbietet die chinesische Regierung höchstens noch seinen Film. Der Fortschritt ist also unverkennbar.

Ein Zuhörer aus dem Publikum will wissen, wie Yu Hua dazu stehe, dass die Verfilmung von seinem Roman „Leben“, für die Yu das Drehbuch geschrieben hat, in Festlandchina nicht gezeigt werden darf. Er fragt auch, ob die Erzählung „Der Mann, der sein Blut verkaufte“ überhaupt jemals verfilmt wird? Yu Huas Antwort: „Ich war damals ein großer Verehrer von Zhang Yimou. Er zeigte auf eine Stelle in meinem Buch und sagte, wenn er dieses Detail verfilme, ginge der Film nicht durch die Zensur. Ein paar Seiten weiter wies er auf eine andere Passage und erklärte, wenn er diese so verfilme, käme der Film nicht durch. Und so weiter. Ich dachte mir nur, wow, der kennt die Denke der Zensoren ja verdammt gut. Der Film wurde dann so gedreht, wie Zhang Yimou ihn wollte und die Zensoren sperrten ihn trotzdem. Deshalb hält sich meine Verehrung für Zhang Yimou mittlerweile in Grenzen.“

Aus diesem Grund wollte Yu Hua dann die Rechte für „Der Mann, der sein Blut verkaufte“ nicht abtreten, obwohl viele Produzenten Interesse zeigten. Ich interpretiere Yu Hua so: Egal, wie die Verfilmung ausfällt, am Ende dürfte sie doch nicht gezeigt werden. Also lässt man es lieber ganz bleiben.

Aus dem Chinesischen von Petra Mann.

WANG XIAOSHAN, geb. 1967, ist freier Autor und lebt in Peking. Er schreibt für die chinesische Ausgabe des amerikanischen Sportmagazins Sports Illustrated. Bis 2006 war er bei der Neuen Pekinger Zeitung als Feuilletonchef tätig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.