Keine Einigung über Verfassungsreform: Gespräche in Bosnien gescheitert

Die Versuche der Europäischen Union und der USA, gemeinsam mit den Serben, Kroaten und Muslimen in Bosnien eine Verfassungsreform auf den Weg zu bringen, sind vorerst gescheitert.

Sulejman Tihic (links), Milorad Dodik (Mitte) und Dragan Covic (rechts). Bild: dpa

Ein Treffen zwischen Vertretern der sieben stärksten nationalen Parteien in Bosnien und der EU und USA im Camp-Butmir bei Sarajevo endeten am Mittwoch ohne eine Einigung. Noch zuvor hatte EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn die bosnischen Politiker davor gewarnt, dass Bosnien bei einer Ablehnung der vorgelegten Dokumente zur Verfassungsreform Gefahr laufe, die Perspektive auf einen EU-Beitritt zu verlieren.

Doch es nutzte nichts. Alle lehnten das Paket ab. Den bosniakischen Parteien war es zu wenig, den serbischen zu viel der Reformen. Der Premier der bosnischen Serbenrepublik, Milorad Dodik, sprach gar von einem "unverschämten Angebot". Am Dienstag unterbrach er die Gespräche in Butmir und flog nach Belgrad, um sich dort mit den Präsidenten Serbiens und Russlands, Boris Tadic und Dmitri Medwedjew zu treffen.

Laut dem im Dezember 1995 unterzeichneten Friedensabkommen von Dayton besteht Bosnien und Herzegowina aus zwei Entitäten mit ausgeprägten Elementen der Eigenstaatlichkeit: der Serbenrepublik Republika Srpska (RS) und der Bosniakisch-Kroatischen Föderation. Diese wiederum besteht aus zehn Kantonen mit lokaler Autonomie. Alle drei konstituierenden Völker haben ein Vetorecht in den gesamtbosnischen Institutionen - ein System, das den Staat weitestgehend lähmt.

Das USA-EU-Paket sieht in erster Linie die Stärkung des Zentralstaats vor. So soll die zweite Kammer des gesamtstaatlichen Parlaments, die Völkerkammer, Gesetze nicht mehr blockieren können. Das dreiköpfige Staatspräsidium soll durch einen Präsidenten und zwei Stellvertreter ersetzt, der sogenannte Ministerrat in eine Regierung unter der Führung eines Ministerpräsidenten umgewandelt werden.

Über Streitfragen soll das bosnische Verfassungsgericht entscheiden. Von dessen neun Richtern bestimmt die Bosniakisch-Kroatische Föderation 4, die RS 2. Drei sind ausländische Staatsbürger und werden von dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entsandt.

Die RS fürchtet nun, dass sie, wenn ihr Vetorecht umgangen oder abgeschafft wird, wehrlos dem Willen der Bosniaken ausgeliefert wäre: In der RS leben etwa 1,4, in der anderen Entität 2,4 Millionen Menschen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 40 Prozent.

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