SPD in Bayern: Hoffnung ohne Machtoption

Mit Markus Rinderspacher hat die bayerische Landtags-SPD ihren jüngsten Abgeordneten zum Fraktionschef gemacht. Er warnt: Der SPD-Absturz ist noch nicht vorbei.

Markus Rinderspacher gibt noch keine Entwarnung. Bild: dpa

Die meisten Oppositionsführer würden von so einem ersten Arbeitstag wohl träumen. Die Umfragewerte von Ministerpräsident Horst Seehofer sind an diesem Donnerstag schlecht wie lange nicht. In Berlin verhandelt seine CSU über neue Schulden und Belastungen für die einfachen Bürger. In Bayern muss die Regierung erklären, warum sie das Versandhaus Quelle nicht retten konnte und warum die Staatsanwaltschaft bei der Landesbank wegen Untreue ermittelt. Man würde an so einem Morgen fiese, angrifflustige Sprüche erwarten vom neuen SPD-Fraktionschef im Landtag.

Um von der Schwäche der CSU zu profitieren, müsste der Zustand der SPD besser sein, meint Markus Rinderspacher ganz nüchtern beim Frühstück in der Landtagsgaststätte, eine halbe Stunde vor seiner ersten Landtagssitzung als SPD-Fraktionschef.

"Wir sind möglicherweise noch gar nicht ganz unten angekommen", sagt Rinderspacher. "Unser Ziel muss es sein, den Abwärtstrend zu stoppen. Ich meine das bitterernst. Wer hofft, dass wir bald wieder auf 30 Prozent segeln, hat die Lage falsch analysiert." Bei der nächsten Landtagswahl in vier Jahren habe man keine Chance auf die Regierung, erklärt Rinderspacher schon jetzt. "Wir haben überhaupt keine Machtoption. Die wird es auch 2013 nicht geben."

Am Donnerstag wurde Rinderspacher von der SPD-Fraktion im bayerischen Landtag zum neuen Vorsitzenden gewählt, mit 35 von 39 Stimmen. Es soll ein Zeichen des Neuanfangs sein, nach der selbst für Bayern-SPD-Verhältnisse desaströsen Bundestagswahl. Die SPD holte im Freistaat nur 16,8 Prozent und kein einziges Direktmandat.

Die vergangenen neun Jahre leitete Franz Maget die SPD-Fraktion. Er hielt beeindruckende Reden im Landtag und war beliebt bei den Bürgern. Während die Sozialdemokraten Monat für Monat Wähler verloren, verkündete Maget im Wahlkampf unbeirrt, er wolle Ministerpräsident in Bayern werden. Das gab seinen Auftritten immer etwas Trauriges. Vor wenigen Wochen entschloss sich Maget zum Rückzug. Und die SPD-Fraktion einigte sich auf einen radikalen Neuanfang. Sie wählte ihren jüngsten Abgeordneten zu Magets Nachfolger. Rinderspacher ist 40 Jahre alt. In den Landtag kam er erst vor einem Jahr.

Er sieht jünger aus, trägt eine schmale Brille und einen eleganten Anzug. Er wurde nicht in Bayern geboren, sondern in Kaiserslautern. Rinderspacher spricht penibles Hochdeutsch ohne Akzent. Vor seiner Politkarriere hat er als Fernsehjournalist gearbeitet. Er war Redaktionsleiter beim Fernsehmagazin "taff" auf Pro7. Später wurde er Pressesprecher des damaligen Chefs der Münchner SPD, Franz Maget.

"Es ist allen klar, dass es an Franz Maget nicht lag", sagt Rinderspacher. Die Krise der SPD habe andere Gründe. Es gebe in Bayern viele weiße Flecken auf der Karte, wo die SPD nicht einmal mehr einen Ortsverein habe.

Im Landtag machte sich Rinderspacher schnell einen Namen. Er kämpfte für die Aufklärung des Korruptionsskandals bei der Landesmedienzentrale BLM und forderte nach nur einem halben Jahr als Abgeordneter den Rücktritt von BLM-Präsident Wolf-Dieter Ring.

Auf seinen ersten spektakulären Auftritt als Fraktionschef muss er noch warten. Eigentlich wollte er sich am Donnerstag im Landtag zum Rededuell mit Horst Seehofer stellen. Doch Seehofer hatte sich krankgemeldet.

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