Umstrittener H1N1-Impfstoff: Vier Tote nach Schweinegrippe-Impfung

Während Präsident Obama in den USA den Notstand ausruft, wächst in Schweden die Skepsis. Dort starben vier Risikopatienten kurz nach der Immunisierung.

Wirklich? In Schweden wächst die Skepsis gegen den Impfstoff. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Aktualisierung: Mit Stand vom 29. Oktober – der bislang letzten offiziellen Aufdatierung – wurden nach Mitteilung der Arzneimittelbehörde "Läkemedelsverket" in Schweden 1,4 Millionen Dosen Pandemrix ausgeliefert. Zahlen über tatsächliche Impfungen gibt es nicht. Der Behörde seien 400 bis 500 Fälle allergischer Reaktionen, darunter 20 schwerer, bei denen man von einem Zusammenhang mit der Impfung ausgehe, bekannt geworden.

In fünf Todesfällen, die in einem zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung erfolgten, werde ermittelt. Drei dieser Personen seien 74 Jahre und älter gewesen und alle hätten an chronischen Erkrankungen gelitten. Bislang habe sich nichts ergeben, was auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen den Impfungen und diesen Todesfällen hindeute. "Läkemedelsverket": "Die Untersuchungen werden fortgesetzt."

Text, Stand 26.9: Vier Todesfälle, bei denen es laut offizieller Einschätzung einen Zusammenhang mit der "Schweinegrippen"-Impfung geben kann, werden derzeit in Schweden untersucht. Dort hat die Impfung mit Pandemrix bereits vor zwei Wochen begonnen und die bislang gemeldeten Nebenwirkungen halten sich laut der Arzneimittelbehörde "Läkemedelsverket" im Bereich des bei Grippeimpfungen "üblichen Rahmens". Doch gerade die vier Toten haben offenbar dazu beigetragen, dass die Skepsis gegen eine Impfung wächst. Zumal in Schweden bislang erst zwei Fälle von an H1N1 Verstorbenen registriert wurden.

Bei den nun untersuchten Todesfällen handelt es sich um zwei Männer und zwei Frauen im Alter zwischen 50 und 90 Jahren die im Zeitraum von 12 Stunden bis vier Tagen nach der Pandemrix-Impfung verstorben sind. Bei ihnen kann ein Zusammenhang mit der Impfung nicht ausgeschlossen werden, meint das "Läkemedelsverket", betont aber gleichzeitig, dass alle zu "Risikogruppen" - Herz-, Kreislauf- und Muskelerkrankungen - gehörten.

In Schweden war man besonders vorsichtig und hatte im Frühsommer bei GlaxoSmithKline gleich 19 Millionen Dosen - zwei pro Einwohner - Pandemrix bestellt. 500.000 Impfspritzen sind bislang an die lokalen Krankenhäuser ausgeliefert worden. Über die tatsächlich verabreichten Impfungen gibt es noch keine offiziellen Zahlen. Bis Donnerstag letzter Woche waren dem "Läkemedelsverket" rund 200 Fälle diverser Nebenwirkungen angezeigt worden. In fünf Fällen war es zu starken allergischen Reaktionen gekommen, die eine längere Krankenhausbehandlung erforderlich machten.

Der von Stockholm erstellte Impfplan sieht eine schrittweise Impfung nach Personengruppen und deren jeweiligem Risikograd für einen schweren Krankheitsverlauf vor. Dabei wurden im jetzigen ersten Schritt nur Angehörige des Gesundheitswesens und Personen geimpft, die zu besonderen Risikogruppen - Schwangere, Diabetiker, Herz- und Kreislaufkranke - gehören. Im Laufe der kommenden Wochen soll dann eine allgemeine Impfung aufsteigend nach dem Alter beginnen. Personen über 60 Jahren kommen erst im Dezember an die Reihe.

Allgemeine Skepsis gegenüber der Impfung, die von einer ähnlichen Debatte wie in Deutschland begleitet wird, hat in Schweden zusammen mit ersten Meldungen über Nebenwirkungen die Zahl der potenziell Impfwilligen laut Umfragen von 72 auf 65 Prozent fallen lassen. Bei den als Altersgruppe mit hohem Krankheitsrisiko eingeschätzten 18- bis 24-jährigen liegt sie jetzt bei nur noch knapp über 50 Prozent. "Eine beunruhigend niedrige Zahl", meint Anders Tegnell, Abteilungschef der Gesundheitsbehörde "Socialstyrelsen". Auch jeder vierte Angehörige des Gesundheitswesens will sich nicht impfen lassen, obwohl dort zum Teil starker Druck auf die Mitarbeiter ausgeübt wurde.

Anders ist die Situation in den USA. Dort hat Präsident Barack Obama den Ausbruch der Schweinegrippe zum nationalen Notfall erklärt. Dies erlaubt es Mitarbeitern der Gesundheitsbehörden, sich über bestimmte Regierungsrichtlinien hinwegzusetzen, wenn sie dies im Interesse der allgemeinen Gesundheitsvorsorge für nötig halten.

Rund 1.000 US-Bürger sind der Schweinegrippe bisher zum Opfer gefallen. Unter den Toten sind nahezu 100 Kinder. Bislang wurden 11 Millionen Menschen geimpft, vor allem Mitarbeiter des Gesundheitswesens.

Nach dem Erlass können die Behörden auch außerhalb der normalen Kliniken Zentren einrichten, um dort Personen, die möglicherweise an der Schweinegrippe erkrankt sind, untersuchen und behandeln zu können. Sie sollen so vom normalen Krankenhausbetrieb ferngehalten werden.

Ein Zusammenhang mit der Impfung kann nicht ausgeschlossen werden

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