Ressource Wasser in Nahost: Karge Vorräte unfair verteilt

Amnesty klagt an: Die kargen Wasservorräte in Nahost werden ungerecht verteilt. Israelis verbrauchen pro Kopf 300 Liter Wasser täglich, Palästinenser haben nur 70 zur Verfügung.

Wasser, ein Rohstoff, um den es in Zukunft mehr und mehr Konflikte geben wird. Bild: ap

Grüne Wiesen und Parkanlagen auf der einen Seite, trockene Öde und Container zum Auffangen von kostbarem Regenwasser auf der anderen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) unterstreicht, was sich aus der bloßen Betrachtung von israelischen Siedlungen und palästinensischen Dörfern im Westjordanland erschließt. Die kargen Wasservorräte werden ungerecht verteilt. "Während der palästinensische Wasserverbrauch nur knapp 70 Liter pro Kopf und Tag erreicht, liegt der israelische Verbrauch bei über 300 Litern", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten AI-Bericht mit dem Titel "Nach Gerechtigkeit dürsten".

Zwischen 180.000 und 200.000 Palästinenser in ländlichen Gebieten "haben keinen Zugang zu fließendem Wasser", zudem hinderten die Besatzungssoldaten die Bevölkerung oft daran, Regenwasser zu sammeln, indem sie Zisternen und Wassercontainer zerstörten. Die palästinensische Wasserbehörde begrüßte den Bericht. "Seit 1967 übt Israel alleinige Kontrolle über alle Frischwasservorkommen aus", sagte Shaddas Attili, Chef der Behörde, in einer Presseerklärung, "und lässt ganze 10 Prozent für den palästinensischen Bedarf".

Israel verurteilte den Bericht als "einseitig und ungerecht". Regierungssprecher Mark Regew findet, dass Amnesty International Israel nicht anprangern, sondern sogar loben sollte. "Israel nutzt heute weniger die natürlichen Grundwasserressourcen als 1967", erklärte er auf telefonische Anfrage. Der Verbrauch sei trotz des Bevölkerungswachstums in den Jahren 1967 bis 2006 um gut 15 Prozent gefallen. Das Wasser für die Siedlungen im Westjordanland stamme zum Großteil aus dem See Genezareth und aus der Küstenregion, nicht aus dem Bergaquifer, dem Grundwasser im Westjordanland, das nach Israel fließt, wovon die Palästinenser 80 Prozent beanspruchen. Ein Anspruch, den Israel diskutieren will.

"Welches Gesetz sagt, dass das Wasser aus dem Bergaquifer den Palästinensern gehört", fragt Regew rhetorisch, schließlich "gehört das Nilwasser auch nicht dem Sudan, nur weil es von dort kommt". Während Israel weltweit zu den führenden Nationen bei der Nutzung von Frischwasser gehöre, "investieren die Palästinenser nicht genug in ihr Wassersystem". Ein Drittel der Ressourcen gingen verloren. Regew räumt ein, dass die Siedler deutlich mehr Wasser konsumieren, dennoch sei es "nicht Israels Problem, wenn die Palästinenser die Vorkommen nicht nutzen".

Die israelische Regierung bezieht sich auf die Abkommen im Rahmen der Osloer Prinzipienerklärung. Die Wasserverteilung ist demnach Teil der End-Status-Verhandlungen. Damals einigten sich beide Seiten auf ein Expertenteam, das sich über "Kooperation bei der Handhabung der Wasservorkommen" einigen sollte, was nicht geschehen ist.

Oft bliebe den Menschen in den besetzten Gebieten keine Wahl, schreibt AI, als Wasser aus Tankwagen zu kaufen. "Palästinensische Familien müssen einen überdurchschnittlichen Prozentanteil ihres Einkommens für Wasser aufbringen." Besonders dramatisch sei die Lage im Gazastreifen, wo "90 bis 95 Prozent der Wasserversorgung verunreinigt oder für den menschlichen Verbrauch ungeeignet ist". AI appelliert an Israel, "die Einschränkungen, wo Palästinenser der Zugang zu ausreichend Frischwasser verwehrt bleibt, umgehend aufzuheben".

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