Umweltminister Nobert Röttgen: Warten auf den großen Unbekannten

Mit Äußerungen zum Klima- oder Umweltschutz hat sich Norbert Röttgen kaum als neuer Umweltminister empfohlen. Wer also ist dieser Vertraute der Kanzlerin, und was ist von ihm zu erwarten?

Umweltpolitisch ein unbeschriebenes Blatt: Norbert Röttgen. Bild: reuters

BERLIN taz | "In jedem Fall ist er besser als die Braunkohlelobbyistin Katharina Reiche." So lautet die Einschätzung von Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn zum neuen Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU), der am Mittwoch vereidigt wurde. "Bisher ist Herr Röttgen noch nicht umweltpolitisch aufgetreten", sagt Daniel Kluge vom Bundesverband Erneuerbare Energien. "Wir können nur abwarten." Selbst Horst Maierhofer, umweltpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, bekennt, dass er nicht wisse, was von seinem Koalitionskollegen zu erwarten sei. Denn der künftige Umweltminister hat an den Verhandlungen zum umweltpolitischen Teil des Koalitionsvertrages überhaupt nicht teilgenommen. Warten also.

Das ist reichlich viel verlangt, angesichts der Herausforderungen, denen sich der künftige Minister stellen muss. Schon in fünf Wochen findet in Kopenhagen der wichtigste UN-Klimagipfel statt; bei früheren Verhandlungen haben die Deutschen oft als treibende Kraft entscheidend zum Erfolg beigetragen. Und schon während der Koalitionsverhandlungen zeigte sich, dass ein starker Minister dringend gebraucht wird angesichts der mächtigen Lobbyinteressen, die am Klima- und Umweltschutz knabbern möchten.

Nicht nur international, auch hierzulande stehen Norbert Röttgen harte Zeiten bevor. Die Kompetenzen für erneuerbare Energien wandern, entgegen einiger Planspiele während der Koalitionsverhandlungen, nicht ins Wirtschaftsministerium ab. Wenn Röttgen die Warnungen von Experten ernst nimmt, dass eine Verlängerung der AKW-Laufzeiten den Ausbau von Sonne, Wind & Co. zunehmend behindert, dann wird er sich auch innerhalb seiner Partei unbeliebt machen müssen.

Dass umweltpolitische Nobodys in das Umweltministerium einziehen, ist nichts Neues. Weder Sigmar Gabriel (SPD) noch Jürgen Trittin (Grüne) hatten vor ihrer Ernennung mit dem Thema viel am Hut. Mindestens so schnell wie seine Vorgänger muss sich nun Röttgen in das Einmaleins der Umwelt- und Klimaschutzpolitik einarbeiten.

Geboren 1965 in Meckenheim, trat Röttgen schon 1982 der Union bei. Ein zügiges Jurastudium nebst parteipolitischem Engagement als Landesvorsitzender der Jungen Union in Nordrhein-Westfalen zeichneten eine steile Parteikarriere vor. 2001 promovierte er zum Dr. jur., 2002 wurde Röttgen rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion. In der ersten Legislaturperiode der großen Koalition übernahm er das Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers der CDU/CSU-Fraktion.

Innerhalb seiner Partei gilt Röttgen als moderner Konservativer und Unterstützer schwarz-grüner Koalitionen. Während der Kohl-Jahre war er Mitglied der mittlerweile legendären "Pizza-Connection". Anfangs geheim, trafen sich damals Nachwuchstalente von CDU/CSU und Grünen regelmäßig bei einem Bonner Italiener.

Den Brückenschlag zur Ökologie und die Erschließung eines neuen Themas für die CDU könnte Röttgen nun in seinem neuen Amt quasi vollenden. Im April 2007 zeichnete er für ein durchaus beachtenswertes Positionspapier der Union zum Klimawandel verantwortlich. Darin heißt es etwa, die durch Flugverkehr verursachten Treibhausgasemissionen würden deutlich ansteigen. "Um dieser Entwicklung entgegenzutreten, muss auch der Flugverkehr in den Klimaschutz miteinbezogen werden." Die Union fordert in dem Papier mehr Kraft-Wärme-Kopplung, mehr erneuerbare Energie, eine bessere Umweltbildung an Schulen, eine Energie-Effizienz-Initiative, eine Lokale Agenda Klimaschutz - es hat schon schlechtere Vorschläge zum Thema gegeben. Dennoch befürchten Grüne und Umweltverbände, dass sich Röttgen als industrie- statt als umweltfreundlich entpuppt. Gespeist wird das Misstrauen daraus, dass Röttgen vor zwei Jahren Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie werden sollte - und damit oberster Wirtschaftslobbyist des Landes.

Dass der bisherige Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion in dieser Legislaturperiode zu Höherem berufen würde, war klar. Sein Verhältnis zur Kanzlerin gilt als eng, von vielen Seiten wird Röttgen ein analytischer Verstand und große Intelligenz bescheinigt. Zumindest auf dem Papier haben sich Union und FDP ja einiges vorgenommen. So bekennt sich Schwarz-Gelb zu einer 40-prozentigen Treibhausgassenkung bis 2020 gegenüber 1990. Die bei der eigenen Klientel teilweise unpopulären Maßnahmen zum Erreichen dieses Ziels aber, die stehen in dem Papier noch nicht.

FDP-Mann Maierhofer jedenfalls ist "überzeugt", dass der neue Minister "als Vertrauter der Kanzlerin das Thema stark voranbringen wird".

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