Zensur im Internet: Iran gründet Cyber-Polizei

Oppositionsführer ziehen im Internet Vergleich mit dem Schah-Regime. Solche Stellungnahmen über das Iran-Regime wollen die Sicherheitsbehörden nicht mehr sehen.

Iranische Polizisten gehen gewaltsam gegen demonstrierende Frauen vor. Bild: ap

TEHERAN/BERLIN ap/taz | Die geistliche Führung des Irans ist nach Darstellung der Opposition brutaler als das von der Revolution gestürzte Schah-Regime. Bei Protesten gegen die Regierung in der vergangenen Woche hätten die Sicherheitskräfte exzessive Gewalt angewendet, beklagten am Samstag die beiden prominentesten iranischen Reformführer, Mir Hossein Mussawi und Mehdi Karrubi. Sogar Frauen seien mit Schlagstöcken auf den Kopf geschlagen worden.

Im Internet erklärten beide, ein derartiges Vorgehen sei hässlich. Selbst bei der Reaktion des Schahs auf die islamische Revolution im Jahr 1979 sei es nicht zu solchen Ausfällen gekommen.

Die iranische Regierung will derartige Kritik nicht länger dulden und bildet deswegen eine Sonderkommission der Polizei zur Verfolgung von mutmaßlichen Straftaten im Internet. Iranische Zeitungen zitierten Polizeioberst Mehrdad Omidi mit den Angaben, angesichts der Verbreitung des Webs und der steigenden Internetnutzung bilde die Polizei eine Sonderkommission, die Straftaten wie "Betrug, Beleidigungen und die Verbreitung von Lügen" verfolgen solle.

Die Formulierung "Beleidigungen und Verbreitung von Lügen" ist ein Standardvorwurf der iranischen Justiz gegen die Opposition. Da diese in den staatlich kontrollierten Medien kaum erwähnt wird, hat sie sich auf das Internet verlegt. Omidi sagte ausdrücklich, die zwölf Kommissionsmitglieder würden bei "politischen Angelegenheiten im Internet intervenieren, sollte ein Straftatbestand vorliegen". Die Kommission werde der Staatsanwaltschaft unterstellt.

Die Absicht der Behörden, das Internet stärker zu kontrollieren, kam bereits am 10. November am Rande eines Seminars zur Drogenkontrolle zur Sprache. Nach einem Bericht der oppositionellen Website roozonline.com, die im Ausland registiert ist, sagte der iranische Polizeichef Ismael Ahmadi-Moghadam gegenüber der studentischen Nachrichtenagentur ISNA, eine der Pflichten der Sicherheitsbehörden sei es, den Cyberspace stärker zu kontrollieren. Es gebe zahlreiche Individuen, die gegen die Kontrolle virtueller Medien seien, aber in diesem Bereich könnten viele Verbrechen begangen werden. Einzelheiten nannte Ahmadi-Moghadam nicht, drohte aber Betreibern von Internetseiten und sprach sich für stärkere Restriktionen aus.

Roozonline zufolge schicken Sicherheitsbehörden offenbar Drohmails an Betreiber, in denen diese aufgefordert werden, keine Informationen weiterzuleiten, die schädlich für die Regierung seien. Eine dieser Mails lautete: "Lieber Betreiber, Sie operieren gegenwärtig illegal und gegen das nationale Interesse im Cyberspace. Sollten Sie diese Aktivitäten fortsetzen, gelten Sie als ein Krimineller gemäß dem Computer-Strafrecht und werden entsprechend behandelt."

In einer anderen Mails heißt es laut Roozonline: "Lieber Bürger, nach Informationen, die wir erhalten haben, sind Sie das Opfer antistaatlicher Propaganda von Medien, die in Verbindung mit Ausländern stehen; sollten Sie an irgend einer illegalen Versammlung teilnehmen oder in Kontakt mit ausländischen Medien stehen, werden Sie gemäß der Artikel 489, 499, 500, 508, 514, 609, 610 und 698 des Islamischen Strafgesetzbuches und in Übereinstimmung mit dem Gesetz belangt."

Die iranischen Behörden haben seit den Protesten nach der umstrittenen Präsidentenwahl am 6. Juni die meisten Webseiten der Opposition verboten. Oppositionelle stellten meist noch am Tag des Verbots neue Webseiten ins Netz. Das iranische Fernsehen und der Rundfunk werden direkt vom geistlichen Führer Ali Chamenei kontrolliert. Zeitungen werden von Zeit zu Zeit ermahnt, keine die Opposition unterstützenden Artikel zu veröffentlichen.

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