Neun EU-Kommissarinnen: Frauenquote ist erreicht

Gerade einmal neun von 27 EU-Kommissaren sind weiblich. Die Minimalquote wurde knapp erfüllt. Der Zuschnitt der Ämter muss noch entschieden werden.

Kommissionspräsident Manuel Barroso und seine neue Außenministerin Catherine Ashton. Bild: reuters

BRÜSSEL taz | EU-Kommissionspräsident Manuel Barroso hat seine Mannschaft zusammen. Das verkündete er sichtlich erleichtert am Dienstagnachmittag den EU-Abgeordneten in Straßburg. Nun muss er die schwierige Frage klären, welcher Kommissarskandidat für welches Ressort geeignet ist und ob das entsendende Land mit dieser Aufgabenzuteilung einverstanden ist. Die Balance innerhalb der EU-Kommission ist noch komplizierter als der Regionalausgleich der CSU in Bayern.

Mindestens ein kleines Land muss ein mächtiges Wirtschaftsressort erhalten, damit sich die Zwerge in der EU nicht übervorteilt fühlen. Das Übergewicht rechter Regierungen in Europa muss sich widerspiegeln, ohne die Liberalen und die Sozialdemokratie unter den Tisch fallen zu lassen. Nicht zuletzt müssen Frauen in ansehnlicher Zahl vertreten sein. Schließlich ist die EU stolz auf ihre Gleichstellungspolitik.

Mindestens neun Frauen hat eine fraktionsübergreifende Initiative im EU-Parlament für die neue Kommission gefordert - sonst werde Barrosos Mannschaft nicht bestätigt. Genau neun Frauen sind ihm nun geschickt worden - und die Regierungen, die dieses Opfer brachten, werden wohl zur Belohnung mächtige Ressorts erhalten. Der verquere Kuhhandel führt also dazu, dass Frauen in Topjobs gelangen - zum Beispiel die bislang völlig unbekannte neue Außenministerin Catherine Ashton aus Großbritannien. Ein durchaus erfreulicher Nebeneffekt eines archaischen Auswahlsystems.

José Manuel Barroso (Portugal), Catherine Ashton (Großbritannien), Karel De Gucht (Belgien), Rumiana Jeleva (Bulgarien), Connie Hedegaard (Dänemark), Günther Oettinger (Deutschland), Siim Kallas (Estland), Olli Rehn (Finnland), Michel Barnier (Frankreich), Maria Damanaki (Griechenland), Máire Geoghegan Quinn (Irland), Antonio Tajani (Italien), Andris Piebalgs (Lettland), Algirdas Semeta (Litauen), Viviane Reding (Luxemburg), John Dalli (Malta), Neelie Kroes (Niederlande), Johannes Hahn (Österreich), Janusz Lewandowski (Polen), Dacian Ciolos (Rumänien), Maros Sefcovic (Slowakei), Janez Potocnik (Slowenien), Joaquín Almunia (Spanien), Cecilia Malmström (Schweden), Stefan Füle (Tschechien), László Andor (Ungarn), Androulla Vassiliou (Zypern)

Von den derzeit 27 Mitgliedern der EU-Kommission - eines für jedes europäische Land - werden vierzehn in Brüssel bleiben. Auch die Britin Ashton gehörte der alten Kommission schon an, als Kommissarin für Handelsfragen. Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes wurde ebenfalls erneut von der niederländischen Regierung aufgestellt, obwohl sie das falsche Parteibuch hat. Doch sie hat das richtige Geschlecht - und kann sich so wieder Hoffnung auf ein wichtiges Portfolio machen. Im Gespräch ist sie für Informationstechnologie, die bislang von der Luxemburgerin Viviane Reding betreut wurde. In ihre Amtszeit fielen wirtschaftlich folgenreiche Gesetze wie die neue Fernsehrichtlinie und das Telekom-Paket. Auch Reding und die zypriotische Kommissarin Androulla Vassiliou bleiben in Brüssel. Irland schickt zum ersten Mal eine Frau - Máire Geoghegan Quinn vertrat das Land bisher beim Europäischen Rechnungshof. Dänemark und Schweden ziehen weibliche Kommissare zurück, schicken dafür aber neue. Dänemark entsendet seine Klima- und Energieministerin Connie Hedegaard und hofft, dass sie das neu geschaffene prestigeträchtige Klimaressort erhält. Schweden schickt die derzeitige Außenministerin Cecilia Malmström. Aus Griechenland kommt die sozialdemokratische Abgeordnete Maria Damanaki.

14 bleiben, 13 gehen, einige nicht ganz freiwillig. Denn viele der Politiker, die Brüssel nun verlassen müssen, gehören einer Partei an, die irgendwann in den vergangenen fünf Jahren aus der Regierung gewählt wurde. Das gilt für die Schwedin Margot Wallström, den griechischen Umweltkommissar Stavros Dimas und den deutschen Industriekommissar Günter Verheugen. Einige von ihnen könnten, wie die Angelsachsen sagen, "durch die Drehtür" nach Brüssel zurückkommen und ihre guten Kontakte zu Politik und Wirtschaft einem Verband oder einem Unternehmen andienen.

Das Brüsseler Netzwerk für Lobbykontrolle "Alter-EU" hat in einem offenen Brief Kommissionspräsident Barroso aufgefordert, den Verhaltenskodex für Kommissare präziser zu fassen. Eine "Abkühlungsperiode" von zwei Jahren müsse eingeführt werden. Während dieser Zeit dürften ehemalige Kommissare keine Beschäftigung in der Privatwirtschaft anstreben. Auch müsse deutlicher formuliert werden, welche Tätigkeit den ehemaligen Beamten in einen "Interessenkonflikt" zwischen seinen alten und seinen neuen Aufgaben führen könne.

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