Dem Frauenfußball gehört die Zukunft: Aufschwung in Afrika

Wie sich am Beispiel von Äthiopien und Tunesien zeigt, geht das Kalkül des Fifa-Präsidenten Joseph Blatter auf. Für Frauen ist es ein Weg sich selbst zu verwirklichen.

Mary Neequane, die Torhüterin Ghanas im Spiel gegen Senegal: Der Frauenfußball in Afrika wird von der FIFA großzügig gefördert. Bild: ap

TUNIS taz | Sie kennen nur ein Thema: Fußball. Doch ihre Stars heißen nicht etwa Cristiano Ronaldo oder Etoo. Die Frauen, die sich vergangene Woche auf Einladung der Fifa in einem Hotel in der tunesischen Hauptstadt Tunis versammelt haben, schwärmen von Marta Vieira da Silva und Birgit Prinz. Sie kommen aus 14 afrikanischen Ländern und träumen davon, den Frauenfußball auf dem schwarzen Kontinent zu internationaler Größe zu führen.

"Das Wichtigste dafür ist eine solide Basisarbeit", erklärt Teruwork Berhanu. Die 42-jährige Berhanu ist Sportlehrerin und hat einst selbst am Gymnasium Fußball gespielt. Sie ist die einzige Frau im Vorstand des Äthiopischen Fußballverbandes. Vom Seminar erwartet sie sich neue Ideen, sowohl für das Management als auch für die Trainerarbeit und die medizinische Betreuung der Spielerinnen. "Eine Frauenfußballliga, wie wir sie heute in Äthiopien haben, gab es in meiner Jugend nicht", berichtet Berhanu. Damals herrschte in dem ostafrikanischen Land eine sich sozialistisch nennenden Regierung. Frauensport förderte sie nicht, obwohl die Entwicklungshelfer des Großen Bruders Sowjetunion dies anregten.

"Die Regierung war fest davon überzeugt, dass Frauenfußball unnatürlich ist. Das Spiel würde Brustkrebs und Unfruchtbarkeit hervorrufen, hieß es", erzählt Berhanu und schüttelt dabei den Kopf. Und das in einem Land, in dem bereits in den 60er-Jahren Frauenfußball gespielt wurde. "Ohne die Unterbrechung in den Jahren des Sozialismus wären wir heute sicher eine Supermacht im afrikanischen Frauenfußball", glaubt Berhanu.

Die Zeiten des Verbots sind längst vorbei. 14 Clubs spielen jetzt in der äthiopischen Liga. Rund 5.000 Frauen gehören Vereinen und Fußballteams in Schulen und Unis an. Stolz berichtet Sportfunktionärin Berhanu vom ersten internationalen Erfolg. 2004 wurde die äthiopische Frauennationalmannschaft Vierte bei den afrikanischen Meisterschaften. Noch sind Trainer und medizinische Betreuer Männer. "Doch das wird sich hoffentlich bald ändern", sagt Berhanu. Denn der Frauenfußball erlebe nicht nur in ihrem Land einen Boom. Frauen besuchen Trainerkurse und spezialisieren sich als Sportärztinnen.

Als Nächstes will der äthiopische Verband die Kinder- und Jugendarbeit ausbauen. Für Mädchen ab 14 Jahren gibt es bereits Strukturen. Jetzt sollen Mädchen ab 6 Jahren gewonnen werden. "Obwohl wir kein muslimisches Land sind, ist es nicht immer leicht, die Eltern dazu zu bringen, ihre Töchter spielen zu lassen", weiß Berhanu. Doch sie beobachtet auch eine neue Tendenz. Immer mehr junge Paare kehren der machistischen Tradition den Rücken und fördern auch ihre Töchter.

Das lässt sich auch im Gastgeberland Tunesien beobachten. "Vor fünf Jahren hatten 600 Frauen eine Spielerlizenz, heute sind es rund 2.000", sagt Wifek Bellakhal. Die 26-Jährige ist die Trainerin der U17- und der U20-Frauennationalmannschaft. In Tunesien gibt es mittlerweile eine Frauenliga und eine Mädchenliga.

Natürlich muss auch Bellakhal immer wieder mit Eltern reden. In muslimischen Ländern wie Tunesien kommt noch die Sorge wegen der unzüchtigen Zurschaustellung des Körpers hinzu. "Wir sind flexibel, was die Kleiderordnung angeht", sagt Bellakhal, die sich sicher ist, dass der Frauenfußball in ihrem Land eine große Zukunft hat.

An Geld für die Ausbaupläne fehlt es nicht. Die Fifa vergibt großzügig Hilfen an die afrikanischen Fußballverbände. Seit 1999 fließt ein Teil der Einnahmen aus den Fernsehrechten vor allem an den Fußballweltmeisterschaften auf den Schwarzen Kontinent. Allein mit der WM in Südafrika 2010 wird die Fifa rund eine Milliarde US-Dollar verdienen. Jeder der 53 afrikanischen Landesverbände erhält pro Jahr 250.000 US-Dollar und der afrikanische Fußballverband (Caf) noch einmal 2,5 Millionen. 15 Prozent davon müssen, so die Fifa-Bestimmungen, in den Frauenfußball fließen.

"Dem Frauenfußball gehört die Zukunft", zitiert Mayrilian Cruz Blanco ihren Chef, Fifa-Präsident Joseph Blatter. "Die Zahlen beweisen dies", fügt die Kubanerin, die im Weltfußballverband für die Entwicklung des Frauensports zuständig ist, hinzu. Mit 26 Millionen ist jeder zehnte aktive Spieler weltweit eine Frau. 2007 nahmen an der Vorrunde für die Frauenfußball-WM 119 Nationalmannschaften teil. Die Zuschauerzahlen steigen ständig. 1999 hatten weltweit gerade mal 137 Millionen die Frauenfußball-WM im Fernsehen. 2003 waren es bereits 526 Millionen und vier Jahre später über 700 Millionen. Selbst die letzten U17- und U20-Weltmeisterschaften füllten größere Stadien. Jetzt hoffen die Fifa-Verantwortlichen, dass die Frauenfußballweltmeisterschaft 2011 erstmals Gewinne bringen wird.

Wie es kommt, dass das Interesse so stark steigt? "Der Frauenfußball ist ein Weg der Frauen, sich selbst zu verwirklichen", sagt Cruz Blanco. Die Seminarteilnehmerinnen wissen, wovon sie spricht.

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