Bildungspolitik: Maurer sollen Kitas retten

HandwerkerInnen und andere Berufsgruppen sollen zu ErzieherInnen fortgebildet werden, um dem Personalmangel in Kitas und Schulen zu begegnen, so der Plan von Schulsenator Zöllner. Macht das Sinn?

Gäb's ausreichend Personal in den Kitas, müsste man nicht immer alles selber machen. Bild: AP

Gegen den Personalmangel in Kitas und Schulhorten will Berlin künftig auch HandwerkerInnen zu ErzieherInnen machen. Dies kündigte Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) am Wochenende an. Die Quereinsteiger sollen eine Prüfung bestehen, der bis zu 1.000 Stunden Fortbildung zu Themen von musisch-kreativer Gestaltung bis hin zu Recht und Verwaltung vorausgingen. Als Notlösung sieht der Senator das nicht: "Es ist sogar pädagogisch sinnvoll, Leute mit anderen Erfahrungen zu holen", so Zöllner.

Der erhöhte ErzieherInnenbedarf ergibt sich aus dem vom Bund geförderten Ausbau der vorschulischen Betreuung vor allem für unter dreijährige Kinder und der Ganztagsgrundschulen. Zudem hat der Senat unter dem Druck eines Volksbegehrens, das der Landeselternausschuss Kita (Leak) angestrebt hatte, den ErzieherInnenschlüssel in Kitas gesenkt. Künftig soll eine ErzieherIn neun statt zehn Kinder, bei unter Zweijährigen fünf statt bisher sechs betreuen. Damit entstehen etwa 1.800 neue Stellen. Bereits jetzt gibt es in der Stadt einen Mangel an qualifiziertem Kita-und Hortpersonal. Etwa 250 ErzieherInnen sind in Schulhorten derzeit nur befristet beschäftigt, da die Einrichtungen in öffentlicher Trägerschaft nicht neu einstellen dürfen. Private Träger können Stellen nicht besetzen, weil der Personalmarkt leergefegt ist.

Zwar bilden Fachschulen in Berlin jährlich 900 bis 1.000 neue Kräfte aus. Doch viele AbsolventInnen gingen gar nicht in den Beruf, sagt etwa die Leiterin der ErzieherInnenschule am Pestalozzi-Fröbel-Haus (PFH), Annegret Lauffer-von Reiche. "Sie setzen ihre Ausbildung an Fachhochschulen oder Unis fort, um ein besseres Einkommen erzielen zu können", so Lauffer-von Reiche. Dies beträfe etwa ein Drittel der jährlich 150 PFH-AbsolventInnen, schätzt sie.

Den ErzieherInnenberuf durch eine akademische Ausbildung und höheres Einkommen attraktiver zu machen, war bislang der von vielen Fachleuten präferierte Weg gegen den Personalmangel. "Die Diskussion darüber ist genauso alt wie die Diskussion über die wachsende Bedeutung frühkindlicher Erziehung", sagt Peter Sinram von der Berliner GEW. Berlin habe dafür aber - vermutlich aus Geldmangel - nie ein Konzept entwickelt. Dies fehlt Sinram auch beim neuen Plan des Bildungssenators. "Nichts" hält er deshalb davon: "Wir haben zwar nicht prinzipiell etwas gegen Quereinsteiger." Doch es müssten ein vernünftiges Konzept und gute Qualifizierungsmaßnahmen dahinter stehen. "Hinter Zöllners Vorschlag steht aber nichts als nackte Panik", so Sinram. Die Quereinsteigeridee sei eine "Kurzschlussreaktion darauf, dass die Politik mal wieder eine Entwicklung verschlafen hat."

Leak-Vorsitzender Burkhard Entrup sieht die Idee weniger kritisch. Doch auch er fordert eine gute Qualifikation: Wenn sie gut fortgebildet würden und "wirklich Lust haben, mit Kindern zu arbeiten", so Entrup, könnten Leute aus anderen Berufszweigen die Kitas auch befruchten.

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