Vertrauensverlust für Japans Regierung: Flitterwochen der Reformer vorbei

Der Abgang des Finanzministers Hirohisa Fujii ist der jüngste Rückschlag für Premierminister Yukio Hatoyma, der innenpolitische zunehmend geschwächt ist.

Naoto Kan und Hirohisa Fujii, der neue und der alte Finanzminister Japans, während einer Rede des Premierministers. Bild: reuters

TOKIO taz | In Japan wachsen die Zweifel an der seit Mitte September amtierenden Reformregierung von Yukio Hatoyama. Seine Zustimmungsrate in Umfragen ist von anfangs über 70 Prozent auf unter 50 Prozent gefallen, während der Anteil der Unzufriedenen in den letzten vier Wochen um die Hälfte auf 38 Prozent anstieg. "Unsere Flitterwochen sind vorbei", räumte der Premierminister zu Neujahr ein.

Als Ursachen nennen die Meinungsforscher seine Entscheidungsschwäche, die unsichere Konjunkturperspektive und einen Spendenskandal. Hatoyama, Japans reichster Politiker, hatte von seiner Mutter, Erbin des Reifenkonzerns Bridgestone, seit 2002 über 1 Million Euro jährlich erhalten und dabei als Spenden verbucht, ohne dass er davon gewusst haben will.

Der jüngste Rückschlag ist der Abgang von Finanzminister Hirohisa Fujii. Der 77-Jährige war das einzige Kabinettsmitglied mit längerer Regierungserfahrung und galt als Garant für eine solide Haushaltsführung. Doch Auseinandersetzungen hinter den Kulissen mit Ichiro Ozawa, Generalsekretär der Demokratischen Partei (DPJ), kosteten Fujii so viel Kraft und Nerven, dass er auf Anraten seiner Ärzte aus gesundheitlichen Gründen kurz vor den Haushaltsberatungen seinen Hut nahm. Sein Nachfolger Naoto Kan hat dagegen das Wohlwollen von Ozawa. Die graue Eminenz in der DPJ hatte die Partei bis Mai 2009 selbst geführt, musste dann aber wegen eines Skandals zurücktreten.

Jetzt dürfte sich das Machtzentrum weiter von der Regierung in die Partei verlagern. Hatoyama wirkt daher zunehmend schwach. Als Ozawa im Dezember die DPJ dazu brachte, auf eine versprochene Senkung der Benzin- und Autobahngebühren zu verzichten, musste Hatoyama ihm entgegen eigenen Ankündigungen zähneknirschend folgen.

Die von der DPJ angekündigte "Revolution" ist bisher nur ansatzweise zu erkennen. Das Jahrhundertprojekt, die Macht der Ministerialbeamten zu brechen, kommt nicht voran. Auch die Staatssanierung blieb in den Anfängen stecken: So wollte die neue Regierung umgerechnet über 50 Milliarden Euro "unnützer" Ausgaben streichen. Dafür mussten Beamte eigens in einer Turnhalle öffentlichkeitswirksam vor einem Streich-Komitee antanzen und ihre Projekte rechtfertigen. Am Ende wurden aber nur 5 Milliarden Euro eingespart - und die Staatsausgaben trotzdem hochgefahren.

Ab April wird in dem Land mit einer der niedrigsten Geburtenraten der Welt ein Kindergeld von 100 Euro monatlich eingeführt, ohne dass über eine Gegenfinanzierung diskutiert wurde. Dabei steht Japan mit einem Schuldenberg von seiner doppelten Wirtschaftsleistung kurz vorm Kollaps. "Falls es im Finanzministerium Schatzkisten gibt, werde ich sie öffnen", redete Kan das Haushaltsloch nach seiner Ernennung am Mittwoch herunter. Viele Japaner halten ihre Rente nicht mehr für sicher und sparen mehr. Das schürt eine gefährliche Deflation.

Nur in der Außenpolitik ließ Hatoyama bisher ein klares Profil erkennen. In Kopenhagen ging er mit seinem Klimaversprechen von allen Industrienationen am weitesten. Und er bestand gegenüber den USA darauf, über einen bereits verabredeten US-Militärflughafen auf Okinawa neu zu verhandeln. Gleichzeitig strebt er bessere Beziehungen zu China an. Doch diese selbstbewusstere Außenpolitik hat bisher noch keine großen Früchte getragen.

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