Einreiseverbot für EU-Kommissar: Kinshasa sperrt seinen Goldesel aus

Die EU ist der größte Geldgeber der Regierung Kabila. Aber nun bekommt ihr Entwicklungskommissar Karel de Gucht wegen kritischer Worte kein Einreisevisum mehr.

Kritisiert Kongos Regierung: EU-Kommissar Karel de Gucht, hier mit dem Malaria-Aktivist Charles Ssali. Bild: ap

Die Demokratische Republik Kongo ist im Begriff, ihren wichtigsten Geldgeber zu vergraulen. EU-Entwicklungskommissar Karel De Gucht bekommt seit Jahresanfang kein Einreisevisum mehr, obwohl er demnächst im Kongo eine Reihe neuer Hilfsvereinbarungen unterzeichnen soll. "In der gegenwärtigen Lage ist die Ankunft des Kommissars in Kinshasa nicht erwünscht", heißt es in der Verbalnote von Kongos Außenminister Alexis Thambwe, und weiter: "Jeder Visumsantrag würde als Provokation betrachtet werden."

Kongos Regierung bekommt die Hälfte ihres Staatshaushalts aus der Entwicklungshilfe, und die EU hat dem Land für 2008 bis 2013 insgesamt knapp 562 Millionen Euro zugesagt, die umfangreiche humanitäre Hilfe nicht eingerechnet. Im Dezember wurden zehn neue Projekte im Wert von 278,5 Millionen Euro ausgehandelt, unter anderem für die Reform der Polizei, die Sanierung der Wasserwege auf dem Kongo-Fluss, Stadtsanierung und das Gesundheitswesen in Kinshasa. Die entsprechenden Abkommen muss De Gucht noch in Kinshasa unterzeichnen.

Der Belgier hatte am 16. Dezember vor dem Europaparlament scharfe Kritik an Kongos Regierung geübt. "Wo ist die Effizienz, wenn es keinen angemessenen Partner auf politischer Ebene gibt?", hatte er gefragt. Kongos Staat sei "unfähig, die Kontrolle ihres Territoriums zu gewährleisten", und "seine Repräsentanten sind oft Teil des Problems". Kongos Armee sei "ineffektiv und verschwenderisch", und es mangele an Disziplin.

Besonders pessimistisch äußerte sich De Gucht über die Situation im Osten des Landes. Die Unterstützung der UN-Blauhelmmission Monuc für Kongos Armee im Kampf gegen Milizen sei unzureichend durchdacht, und "mangelnde Reaktion auf Forderungen der ruandischsprachigen Minderheit" durch den Staat könnten Probleme herbeiführen, die "noch größer als die, mit denen wir es vor einem Jahr zu tun hatten" sein würden. Ein Jahr zuvor, Ende 2008, befand sich Ostkongo im Krieg zwischen einer maroden Armee und der militärisch überlegenen Rebellion des Tutsi-Generals Laurent Nkunda. Dies wurde durch Zusammenarbeit zwischen Kongo und Ruanda entschärft. Diesmal, warnte De Gucht, wären die beiden Regierungen nicht in der Lage, neue Probleme in den Griff zu bekommen.

De Gucht halte sich wohl "für einen göttlichen Geber", reagierte Kongos Informationsminister Lambert Mende darauf. Wenig später, am 2. Januar, wurde der EU-Kommissar zur unerwünschten Person erklärt.

De Gucht hat nicht vor, die Umsetzung der beschlossenen neuen Hilfsprojekte zu verzögern. Aber er steckt auch nicht zurück. In einem Interview warf er jetzt Kongos Präsident Joseph Kabila eine "persönliche Vendetta" vor. Es wird gemutmaßt, dass Kongos Regierung ihr scharfes Vorgehen bewusst in das Ende der Amtszeit der gegenwärtigen EU-Kommission gelegt hat, damit es möglichst wenig Folgen hat. In der nächsten EU-Kommission soll De Gucht Handelskommissar werden.

Allerdings präzisiert ein Sprecher De Guchts, er habe sich sehr wohl im Namen der gesamten Kommission geäußert. Und sein designierter Nachfolger, der bisherige Energiekommissar Andris Piebalgs aus Lettland, hat sich explizit hinter De Gucht feststellt. Bei seiner Anhörung vor den Europaparlamentariern diese Woche sagte Piebalgs: "Ich werde auch die Wahrheit sagen, wenn sich die Frage stellt." Die EU könne einen "politischen Dialog" einleiten - der formell erste Schritt hin zu einer Suspendierung von EU-Geldern. "Nicht die Regierungen leiden darunter, sondern die Bevölkerungen", warnte der Lette.

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