Bürger entscheiden für Ikea: Der Elch kommt nach Altona
Drei Viertel der Altonaer votieren für schwedisches Möbelhaus in der Großen Bergstraße. Ein zweites Bürgerbegehren gegen den Neubau will die CDU aushebeln.
Die Befürworter einer Ansiedlung von Ikea in der Großen Bergstraße haben sich durchgesetzt: Bei dem Bürgerentscheid "Pro Ikea" stimmten 62.412 wahlberechtigte Altonaer für eine so genannte City-Filiale des schwedischen Möbelriesen, 18.480 stimmten dagegen - ein Verhältnis von 77 zu 23 Prozent. Dieses Ergebnis teilte Abstimmungsleiter Kersten Albers am Donnerstagnachmittag mit.
In einer ersten Stellungnahme begrüßte Armin Michaely, Expansionschef von Ikea, "dass eine so deutliche Mehrheit der Bürger Ikea in Altona willkommen heißt" und kündigte an, sein Unternehmen werde "in den nächsten Wochen verstärkt den Dialog mit den Künstlern und Anwohnern suchen", die noch nicht von dem Segen einer Ansiedlung überzeugt seien.
"Das Ergebnis bedeutet: Ikea wird kommen", bringt Uwe Szczesny, Fraktionschef der Altonaer CDU, das Bürgervotum auf den Punkt. Szczesny tritt dafür ein, das von Ikea-Gegnern angestrengte zweite Bürgerbegehren zum Thema zu verhindern, indem die Stadt die Entscheidung durch Evokation an sich zieht. Er werde, so Szczesny, "den Senat umgehend auffordern, entsprechend tätig zu werden".
Klaus-Peter Sydow, Pro Ikea: "Nun bekommen wir den Branchenmix, der Altona gut tut."
Jens Kerstan, GAL: "Das Ergebnis ist so eindeutig, dass ich an die Ikea-Gegner appelliere, ihr Bürgerbegehren zurückzuziehen."
Manfred Brandt, Mehr Demokratie e. V.: "Ein Bürgerentscheid ohne Darstellung der Contra-Position ist ärgerlich - das Instrument wird so beschädigt."
Fatih Akin, Filmemacher: "Ich weiß nicht, was Ikea in der Fußgängerzone verloren hat. Wahrscheinlich ziehe ich hier weg, wenn die herkommen."
Zudem kündigte der CDU-Chef an, eine soziale Erhaltenssatzung für den Bereich um den geplanten Neubau herum auf den Weg zu bringen, "damit eine Gentrifizierung gestoppt wird und die Mieten sich nicht erhöhen". Es gehe darum die zusätzliche Verkehrsbelastung "so gering wie möglich zu halten".
Auch die Altonaer GAL-Fraktionschefin Gesche Boehlich bewertet die Abstimmung als "erfreulich eindeutiges Ergebnis" für eine Ansiedlung. Aufgrund der hohen Beteiligung an dem Bürgerentscheid und dem in ihm "klar artikulierten Bürgerwillen" habe der von den Ikea-Gegnern angestrengte Bürgerentscheid "nun keine Legitimation mehr".
Eben diese Gegner gehen weiterhin davon aus, dass es zu einer zweiten Abstimmung kommt. Es komme nun darauf an, die Idee eines "sozial-kulturell genutzten Stadthauses als Alternative zu konkretisieren", so Maarten Thiele von der Initiative "Kein Ikea in Altona": "Den Altonaern wurde die Katze im Sack verkauft, da keine genauen Baupläne bekannt sind."
Während die gegen Ikea gerichtete Initiative vom Bezirksamt mehrfach aufgefordert worden sei, eine "absolut neutrale Fragestellung" für ihr Bürgerbegehren zu finden, hätten die Ikea-Befürworter eine "absolut tendenziöse Fragestellung" abstimmen lassen, sagt Thiele weiter. Damit habe das Amt "seine Neutralitätspflicht verletzt".
Die Linkspartei, die sich im Bezirk als einzige gegen die Ikea-Ansiedlung ausgesprochen hat, hält "nach den demokratischen Spielregeln den zweiten Bürgerentscheid für geboten". Das müsse "auch die Stadt akzeptieren".
Leser*innenkommentare
Diethard Meyer
Gast
Wenn es stimmt wie jule in Ihrem Kommentar informiert, dann war es kein ordnungsgemäßer Bürgerentscheid, sondern eine schmutzige Unterschriftensamlung mit gesetzlich bindender Wirkung. Das die Begehren nicht zusammengefasst wurden ist der eigentliche politische Skandal. Ich fühle mich von den politisch veranwortlichen verarscht.
Ikea, Nein Danke!
Gast
das Ergebnis der Abstimmung ist zu Bedauern und zeigt nur, dass die Aufklärung geleistet werden muss
ich würde mich nicht freuen einen ausbeuterischen und Umweltverschmutzenden Konzern in meiner Nachbarschaft zu haben
(wo kommt das Holz her?, welches Land steht auf Ikea Löffel?..)
was grosse Menschenströme mit FrittenBuden, KlamottenLäden und Luxusgeschäften zu tun haben die die Gentrifizierung voran treiben sieht man eigentlich überall (da muss man nicht mal nach Berlin fahren)
wer kurze Wege zum Arbeitsplatz (Gewerbe) und Innenstadtnähe haben möchte + eine gut ausgebaute Verkehrsanbindung (viele verstehen darunter immernoch das Auto) der darf sicherlich hohe Mieten zahlen
mag Altona
Gast
Wieviel Ikea braucht Hamburg???
Zwei reichen da nicht aus.
Es werden mehr billig Regal benötigt.
Tauschen wir einfach die 1970er Bausünder durch eine neue aus.
Das wird dann schon.
Peter
Gast
Ich möchte von den IKEA-Gegnern mal fogenden Widerspruch gelöst bekommen: Einerseits wird behauptet, der Stadtteil versinke wegen des hohen angeblich zu erwartenden Verkehrsaufkommens im CO2-Siff. Andererseits wird behauptet, der Stadtteil werde durch IKEA und neue Gewerbeansiedlungen aufgewertet und dadurch würden die Mieten steigen. Also was denn nun? Wenn ich die Kohle habe, mir eine teure Miete leisten zu können, dann ziehe ich aber lieber ein wenig westlicher mit Othmarschen beginnend. Da habe ich meine Ruhe. Im Siff zahlt doch keiner freiwillig hohe Mieten. In diesem Fall wäre eher eine Abwanderung aus Altona/Nord-Ottensen zu erwarten. Ist das die alte SED/PDS-Logik der Linken? Die ist schon immer gescheitert ist. Auch wenn es einmal ganze 40 Jahre gedauert hat.
Peter
Gast
Ich möchte von den IKEA-Gegnern mal fogenden Widerspruch gelöst bekommen: Einerseits wird behauptet, der Stadtteil versinke wegen des hohen angeblich zu erwartenden Verkehrsaufkommens im CO2-Siff. Andererseits wird behauptet, der Stadtteil werde durch IKEA und neue Gewerbeansiedlungen aufgewertet und dadurch würden die Mieten steigen. Also was denn nun? Wenn ich die Kohle habe, mir eine teure Miete leisten zu können, dann ziehe ich aber lieber ein wenig westlicher mit Othmarschen beginnend. Da habe ich meine Ruhe. Im Siff zahlt doch keiner freiwillig hohe Mieten. In diesem Fall wäre eher eine Abwanderung aus Altona/Nord-Ottensen zu erwarten. Ist das die alte SED/PDS-Logik der Linken? Die ist schon immer gescheitert ist. Auch wenn es einmal ganze 40 Jahre gedauert hat.
Konrad Bierbraucher
Gast
Die Abstimmungsfrage war nicht neutral und aus meiner Sicht nicht in Ordnung. Ich traue denjenigen Bürgern von Altona, die sich an dem Entscheid beteiligt haben, aber dennoch zu, dass sie sich hiervon nicht übermäßig hiervon haben beeinflussen lassen. Immerhin wurde genügend in den Medien und im Stadtteil über das Bürgerbegehren berichtet.
Bei einem weniger klaren Ergebnis (z.B. 45/55) sähe die Sache anders aus. Beim jetzigen Ergebnis wäre ein weiterer Entscheid aus meiner Sicht aber kein Mehr sondern ein Weniger an Demokratie. Demokratie bedeutet auch, dass die Mehrheit am Ende ihre Vorstellungen auch umsetzen kann (sofern die Rechte der Minderheit hierdurch nicht unzulässig eingeschränkt werden.
Ein weiterer Entscheid würde dagegen nur Stillstand bedeuten und könnte dazu führen, dass Entscheide als politisches Instrument wieder verschwinden, weil sie zu beliebigen Ergebnissen führen.
Persönlich bin ich übrigens ganz gegen ein Recht auf Bürgerentscheide. Sie öffnen dem Populismus Tür und Tor. Das Beispiel 'Wir wollen lernen' macht vor, dass über einen Bürgerentscheid ein geschickt gefädeltes Netz aus Falschinfiornmationen und egoistischen konservativen Interessen sich unter Mitwirkung der Mehrheit eine Politik gegen die Mehrheit macht.
Prometheus
Gast
Waldschlößchenbrücke in Dresden, IKEA in Altona - und immer Angriffe von Kritikern auf die Willensbekundung der Bürgerinnen und Bürger. Ja zur direkten Demokratie - aber nur wenn das Ergebnis "passt"? Argumente und Meinungen müssen in einer lebendigen Demokratie vor einer demokratischen Entscheidung mit Verstand und Leidenschaft ausgetauscht werden. Vielleicht haben hier Einige noch Nachholbedarf im Verständis über demokratische Strukturen. Wahre Demokraten respektieren eine demokratische Entscheidung. Dies schließt nicht ein Engagement im Prozess der Umsetzung einer Entscheidung aus. Den Bürgern in Altona ist zu wünschen, dass ihr Wille jetzt mit Sorgfalt umgesetzt wird.
anna blume
Gast
Treppenwitzartig lustig finde ich, dass die meisten der Frappant-Befürworter-Prominenz in Ottensen wohnen, einem Stadtteil, der erst durch diesen gentrifizibla Prozess so ausgesprochen schön und wohnenswert geworden ist...
nette hanseatin
Gast
Ich ärgere mich schon lange über die Penetranz der Links Partei und deren Ignoranz dessen, was die Bürger hier wollen.
Sie selber sind für mehr Demokratie angetreten, nun bitte sollten sie das Votum der BürgerInnen von Altona auch akzeptieren.
Die Gegenargumente haben sie ja nun mehr als laut genug deutlich gemacht und ich glaube kaum, das jemand die nicht kannte, als er sein Kreuzchen gemacht hat.
Es wäre politische Größe den Bürgerwillen zu akzeptieren, auch wenn er nicht dem eigenen entspricht.
Mich sind sie als Wählerin seit dieser Debatte los.
jule
Gast
Bezüglich Demokratie.
So lief es hier:
1. Es war klar, dass es ein Begehren GEGEN IKEA geben wird.
2. Es wurde ein PRO IKEA BEGEHREN gestartet.
3. Obwohl die Bezirksversammlung eigentlich das gleiche will, wie das Begehren und diesem somit hätte beitreten können (dann hätte es keine Abstimmung gegeben), wurde sich entschieden das Begehren durchzuführen.
4. In dem verschickten Brief zu dem Begehren durften nur die Befürworter von IKEA ihre Position darstellen.
5. Das GEGEN Begehren wurde trotzdem gestartet.
6. Das PRO-BEGEHREN hat mit einem deutlichen Ja geendet.
An dieser Stelle stehen wir momentan.
Vorr. wird folgendes passieren:
7. Das GEGEN-Begehren wird verhindert, in dem der Senat die Sache evoziert (an sich zieht). Dann kann es kein Begehren mehr geben. Begründet wird das damit, dass ja bereits ein (kostspieliges) Begehren stattfand, bei dem eine große Mehrheit sich FÜR IKEA aussprach.
Alle sind glücklich und zufrieden
MIT IKEA, OHNE MEHR SOZIALWOHNUNGEN, OHNE EIN OFFENES STADTTEILZENTRUM
this is what democracy looks like.
Altona-Fan
Gast
Erstaunlich, wie leicht den politisch verantwortlichen
die Verharmlosungen der enormen Veränderungen betreffend der Zunahme des Straßenverkehrs in diesem Stadtteil fallen.
"Es gehe darum die zusätzliche Verkehrsbelastung so gering wie möglich zu halten".
Dabei wissen die Planer von den großen zusätzlich zu erwartenden Verkehrsströmen durch die restliche Hafenrandbebauung sowie durch das neue Kreuzfahrtterminal. Die anlandenden und abfahrenden
Besucher und deren Zubringer müssen ja auch noch über Altonas Straßen entsorgt werden.
Da hat Ikea mit tausenden Autos pro Tag gerade noch gefehlt.
Leute,denkt doch selber nach und lest auch mal zwischen den Zeilen.
durden
Gast
die linkspartei ist einfach nicht wählbar. unglaublich welches demokratieverständnis hier mal wieder präsentiert. abstimmen bis das ergebnis passt, oder wie?
St. Weidemann
Gast
Diese Entscheidung ist eindeutig. Die Gegener sollten aufhören die Bürger für dumm zu erklären. Nicht jeder Widersrtand ist sinnvoll. Die Altonaer sind ernst zu nehmen. Hier waren einige linke Selbstdarsteller am Werk, Journalisten, die sich selber interessant machen wollten usw. Die menschen sind nicht so dumm, wie sich manche selbsternannte Vorzeigelinke das vorstellen.