Lafontaine-Nachfolge: Dem Chaos zuvorgekommen

Gregor Gysi hat jetzt die Nachfolger von Oskar Lafontaine vorgestellt. Mit Gesine Lötzsch und Klaus Ernst könnten sich die Flügel "angemessen vertreten" sehen.

Gregor Gysi (rechts) schlug Gesine Lötzsch (links) und Klaus Ernst (hinten, Mitte) vor. Bild: dpa

Egal wer in der Linkspartei am Dienstag etwas sagte, drei Worte kamen auf jeden Fall vor: Stabilität, Ausgleich, Integration. Fraktionschef Gregor Gysi stellte am Dienstag die potenziellen Nachfolger der Parteichefs Oskar Lafontaine und Lothar Bisky vor: die beiden stellvertretenden Fraktionschefs im Bundestag, Gesine Lötzsch und Klaus Ernst. Ihm sei wichtig, dass jetzt "nicht Chaos herrsche", sagte Gysi. Und in der neuen Führungsriege könnten sich die Flügel der Partei "angemessen vertreten" fühlen.

Lötzsch und Ernst legten nach: Es sei das Wichtigste, die Partei zu vereinigen, sagte Lötzsch. Und Ernst sekundierte, es gehe nur gemeinsam mit den verschiedenen Strömungen, mit Ost und mit West. "Man beschwört immer das, was einem fehlt", sagt Linksparteiforscher Gero Neugebauer, "nach dem Abgang des Dompteurs Oskar Lafontaine wird sich wieder zeigen, dass die Partei sehr heterogen ist."

Einige in der Linken hätten Angst, dass nun schwelende Konflikte zwischen den Flügeln wieder offener ausgetragen würden. Neugebauer: "Die alte PDS stand wegen solcher Konflikte einmal fast am Rande des Ruins, daher beschwören besonders die Spitzenleute aus dem Osten die Stabilität."

Neben der Doppelspitze im Vorsitz soll auch der Posten des geschassten Geschäftsführers Dietmar Bartsch künftig doppelt besetzt werden: mit Werner Dreibus und Caren Lay. Als stellvertretende Vorsitzende werden dem Rostocker Parteitag im Mai Katja Kipping, Halina Wawzyniak, Sahra Wagenknecht und Heinz Bierbaum vorgeschlagen werden. Außerdem einigte man sich darauf, dass die Mitglieder der Parteispitze ihre Arbeit in innerparteilichen Interessengruppen wie der Kommunistischen Plattform ruhen lassen. So sollen sie besser integrieren können, sagte Gysi.

In der Partei ist kaum jemand wirklich glücklich mit der doppelten Doppelspitze, aber sie erscheint vielen als der derzeit einzig mögliche Kompromiss. "Mir wäre lieber gewesen, wenn Lafontaine noch einmal als Parteivorsitzender angetreten wäre", sagt Wolfgang Zimmermann, Chef des mitgliederstärksten Westlandesverbandes Nordrhein-Westfalen. "Aber der Vorstand hat einen durchaus ausgewogenen Vorschlag gefunden." Die in Sachsen-Anhalt direkt gewählte Bundestagsabgeordnete Rosemarie Hein sagt, es stoße bei ihr und anderen ostdeutschen Linken "nicht auf viel Gegenliebe", dass die radikale Linke Sahra Wagenknecht zu den vier vorgeschlagenen Parteivizes gehöre. Aber es gebe trotzdem eine "Akzeptanz für diesen Vorschlag."

Eine der entscheidenden Fragen wird sein, ob die neue Parteiführung die mehrfach verschobene Debatte über das Parteiprogramm mit Verve anstoßen wird oder sich zu sehr davor fürchtet, dass dies die Partei spalten könnte. Die designierte Geschäftsführerin Lay würde am liebsten so schnell wie möglich loslegen: "Ich glaube an die integrierende Kraft einer inhaltlichen Debatte." Dabei geht es auch um die Frage, ob die Linke ihr Themenspektrum erweitert. Klaus Ernst hatte betont, die wichtigen Themen für die Partei seien Hartz IV und die Rente mit 67. Außerdem begreife er seine Nominierung als Angebot an die Gewerkschaften. Caren Lay würde gern auch potenziellen Grünenwählern ein Angebot machen: "Ich stehe für eine Linke, der neben den sozialen Kernthemen auch Ökologie und Geschlechtergerechtigkeit wichtig sind."

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