Reform: Naturschutzamt auf roter Liste

Niedersachsen will sein Naturschutzamt "optimieren". Tatsächlich gehe es Umweltminister Sander darum, lästige Öko-Bürokraten kaltzustellen, sagt der BUND

Wer zählt die Schwarzstörche, wenn das Naturschutzamt abgewickelt wird? Bild: dpa

Die Beschwichtigung kam umgehend: "Gestern haben Veröffentlichungen in der Presse verständlicherweise für Aufregung gesorgt", schrieb am Freitag das Umweltministerium in Hannover an den "Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz" (LWKN). Die 1.400-köpfige Behörde mit Sitz im ostfriesischen Norden ist Umweltminister Hans Heinrich Heiner Sander (FDP) unterstellt - und viele fürchten, dass sie auf dessen Abschussliste steht.

In der vergangenen Woche ging das schwarz-gelbe Kabinett in Schloss Wöltingerode in Klausur. Am Vortag berichteten Zeitungen, dass CDU und FDP die "Auflösung, Neuordnung und Struktur" des LWKN prüfen wollen. "In der Tat hat sich die Landesregierung mit Vorschlägen für eine dritte Phase der Verwaltungsreform befasst," heißt es in dem Appeasement-Brief weiter. Nun solle das Umweltministerium bis zum Sommer "die Strukturen und Aufgaben des LWKN neu bewerten." Von einer Auflösung sei jedoch "keine Rede", versicherte das Ministerium den Umweltbürokraten.

Doch das glauben nicht alle. Der ostfriesische SPD-Landtagsabgeordnete Hans Dieter Haase etwa will wegen der Angelegenheit eine kleine Anfrage stellen. "Es herrscht höchste Alarmstufe", wird Haase zitiert. "Schon seit Wochen" werde gemunkelt, dass Sander das LWKN dichtmachen wolle.

Haases Engagement dürfte vor allem regionalpolitische Gründe haben: Das LWKN ist eine der letzten großen Landesbehörden in Ostfriesland. Zuletzt hatte Sander im Jahr 2005 die Umwelt-Dezernate der aufgelösten Bezirksregierungen verschmolzen. Dabei wurde auch das zentrale "Landesamt für Ökologie" zerschlagen, ein Teil der Naturschutz-Aufgaben fiel daraufhin an die Landkreise. In einem Bericht von 2009 äußert der Landesrechnungshof Zweifel daran, dass diese hierfür geeignet seien.

Das LWKN ist unter anderem für die Beobachtung gefährdeter Tierarten wie dem Schwarzstorch in der Elbtalaue, Biotopschutz oder die Renaturierung von Fließgewässern zuständig.

Deshalb geht nun auch der BUND auf die Barrikaden. "Sander versteht sich eher als zweiter Landwirtschafts-, denn als Umweltminister", sagt der stellvertretende BUND-Geschäftsführer von Niedersachsen, Stefan Ott. Eine schlagkräftige Umweltbehörde sei da lästig. Das Ministerium wolle "ein Amt, dessen Arbeit man nicht unbedingt schätzt, behindern, indem man es dazu zwingt, sich ständig mit sich selbst zu beschäftigen", glaubt er. Vor nicht allzu langer Zeit habe man das "in Fachkreisen höchst anerkannte" Landesamt für Ökologie aufgelöst und damit "den Naturschutz im Land massiv geschwächt," sagt Ott. Nun wiederhole sich das Spiel mit dem LWKN. "Das hat Methode."

Wer in Zukunft die Aufgaben eines verschlankten oder aufgelösten LKWN übernehmen könnte, ist offen. Der BUND glaubt, dass Sander versuchen wird, den unteren Naturschutzbehörden der Landkreise weitere Aufgaben zuzuschieben. "Das ist kritisch, denn die sind natürlich sehr stark von lokalen Interessen dominiert", sagt Ott.

Das Argument, durch die Verwaltungsmodernisierung Kosten sparen zu wollen, sei nur vorgeschoben. So habe der Landesrechnungshof schon die letzte Reform in mehrfacher Hinsicht als "zweifelhaft" bewertet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.