Welthandel: Green Deal für den Süden

Die UN fordern eine konsequente Ökologisierung der internationalen Wirtschaftspolitik. Dabei ist den Experten die Landwirtschaft besonders wichtig.

Die Erlöse aus ökologischem Anbau haben sich auf 46 Milliarden Dollar verdoppelt. Bild: ap

Wenn es nach den Wirtschaftsexperten der Vereinten Nationen ginge, kann die Wirtschaftskrise nur eine richtige Folge haben: Wachstum muss grün werden. Oder, wie der Generalsekretär der UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad), Supachai Panitchpakdi, am Montag erklärte: Die Entwicklungsländer müssten konsequent einen nachhaltigen Wandel der wirtschaftlichen Strukturen vorantreiben. Dabei sollten sie Energie sparen und erneuerbare Energien sowie neue landwirtschaftliche Methoden kombinieren.

Großes Potenzial messen die Unctad-Experten dem Ausbau der ökologischen Landwirtschaft bei. Allerdings stehe die Produktion von Nahrungsmitteln vor zwei großen Herausforderungen: Zum einen wächst die Weltbevölkerung, und zum anderen sollen die Auswirkungen der Landwirtschaft auf den Klimawandel reduziert werden. Derzeit ist sie für rund 20 Prozent der weltweit ausgestoßenen Treibhausgase verantwortlich.

Ökologischer Anbau löse diese Probleme, sagt die Unctad. Doch bislang würden weltweit nur 0,64 Prozent der bewirtschafteten Fläche dafür genutzt. Dabei habe die nachhaltige Landwirtschaft großes Potenzial: In den 50 ärmsten Ländern der Welt arbeiten 70 Prozent der Erwerbstätigen im landwirtschaftlichen Sektor. Genügend Arbeitskräfte für die personalintensiveren Ökofarmen seien also da, folgern die UN-Experten.

Hinzu komme, dass sich die Erlöse aus ökologischer Landwirtschaft von 2002 bis 2007 auf 46 Milliarden US-Dollar verdoppelt haben und der Markt weiterhin wächst. Der Ausbau nachhaltiger Produktion entspreche zudem der eher kleinbäuerlich geprägten Agrarstruktur in vielen Entwicklungsländern.

Um auch die klimarelevanten Vorteile des ökologischen Landbaus stärker zu nutzen, solle die damit erzielte Kohlenstoffbindung in den Ausgleichsmechanismus des Kioto-Protokolls, den Clean Development Mechanism, aufgenommen werden, fordert die Unctad. Auch für die biologische Vielfalt und damit die Stabilität der Ökosysteme, die eine beständige Lebensmittelversorgung sichert, sei der ökologische Anbau der einzig sinnvolle Weg. Und sie könne die ganze Weltbevölkerung und noch mehr Menschen ernähren, sagt die Unctad unter Verweis auf eine Studie der Universität von Michigan.

Bei so viel überzeugenden Argumenten verwundert, warum in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit trotz gestiegener Rohstoffpreise nicht schon längst vor allem in Green Tech investiert wird. Diese Frage stellt auch Ulrich Hoffmann, Leiter der Abteilung Handel und nachhaltige Entwicklung, in dem Bericht. Er kommt zu dem Schluss, dass nicht die gesamtwirtschaftlichen Kosten die entscheidende Hürde seien, sondern der "Mangel an angemessener Politik, Regulierung und internationalen Strukturen".

Denn allein auf Marktmechanismen wie den Emissionshandel oder steigende Treibstoffpreise zu setzen sei weder effektiv noch angemessen. Bei der Vorstellung des Berichts vor Fachpublikum vor zwei Wochen in Berlin wurde Ulrich Hoffmann noch deutlicher und forderte eine finanzielle Umschichtung durch eine ökologische Steuerreform.

Zudem verlangt die Unctad die Einführung einer Finanztransaktionsteuer, um die Spekulation einzudämmen. Dabei müsse man nicht auf die G 20 warten, die die Prüfung einer solchen Steuer vereinbart haben. Würden in Europa nur Großbritannien und Deutschland eine solche Steuer einführen, würden bereits 97 Prozent aller Transaktionen in Europa erfasst.

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