Iran am Revolutionstag: Ahmadinedschad ruft "Atomstaat" aus

Bei Feiern zum Jahrestag der Revolution protestierte die Opposition. Das Regime antwortet mit Schüssen und Festnahmen. Ahmadinedschad ruft sein Land zum "Atomstaat" aus.

Reich mir, Nachbar, deine Hand, deine brüderliche Hand! - Ahmadinedschad am Revolutionstag. Bild: dpa

Am Mittwoch, dem 31. Jahrestag der Iranischen Revolution, kam es erneut zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und Anhängern der Opposition. Nach unbestätigten Meldungen soll dabei eine 27-jährige Frau getötet worden sein. Die Polizei nahm zahlreiche Demonstranten fest.

Mehr als in den Vorjahren üblich hatte das Regime sich bemüht, so viele Menschen wie möglich zur Teilnahme an der offiziellen Kundgebung in der Hauptstadt Teheran zu mobilisieren. Beamte und Angestellte, Arbeiter staatlicher Fabriken, Schüler und Angehörige anderer staatsabhängige Berufsgruppen wurden unter Androhung von Arbeitsverlust zur Teilnahme an der Feier verpflichtet. Busse und Lastwagen brachten aus entlegenen Dörfern Bauernfamilien und Landarbeiter nach Teheran. Sie erhielten ein Taschengeld und wurden gut bewirtet, damit der Tag für sie unvergesslich bleibt. Sie sollten lediglich die ihnen vorgesagten Parolen wiederholen.

Neben dieser Massenmobilisierung hatte das Regime bereits seit den frühen Morgenstunden zehntausende Basidschi-Milizen, Sicherheitsbeamte in Zivil, Revolutionswächter und paramilitärische Kräfte zur Kontrolle der Hauptstadt aufgeboten. Die wichtigsten Straßen und Plätze wurden abgeriegelt. Schon seit Tagen hatten Sicherheitskräfte Oppositionelle gewarnt, sich an Kundgebungen zu beteiligen. "Wir werden jeden, der am Jahrestag der Revolution an unerlaubten Demonstrationen teilnimmt, als Kollaborateur mit ausländischen Feinden festnehmen und vor Gericht stellen", hieß es in einer Erklärung der Revolutionswächter.

Zugleich wurden Korrespondenten ausländischer Medien angewiesen, ausschließlich über offizielle Feierlichkeiten zu berichten. Jede Berichterstattung über Proteste wurde streng untersagt. Schon seit Dienstag war das Internet schwer zugänglich und Mobilverbindungen waren erschwert. Google gab bekannt, dass die Zahl der Iraner, die seine Dienste in den letzten Tagen in Anspruch genommen hätten, rapide gesunken sei. Die Deutsche Welle warf der iranischen Regierung vor, den Empfang des deutschen Auslandsfunks massiv zu behindern.

Dennoch gelang es einigen zehntausend Demonstranten, ihre Proteste kundzutun. Statt sich an einem Ort zu versammeln, wurden an verschiedenen Orten der Hauptstadt Kundgebungen abgehalten. Die Demonstranten riefen: "Nieder mit der Diktatur!", "Referendum, das ist die Forderung des Volkes!", "Habt keine Angst, wir stehen zusammen!" Auf dem Videoportal YouTube waren Protestrufe in U-Bahnen und auf den Straßen und Plätzen zu hören,

Die Polizei ging mit Pfefferspray, Tränengas und Schlagstock gegen Demonstranten vor. Auch Schüsse wurden gehört. Es gab zahlreiche Festnahmen. Über die Zahl der Verletzten gab es keine offiziellen Angaben. Augenzeugen berichteten, dass einer der Oppositionsführer, Mehdi Karrubi, in seinem Auto von Angehörigen der Basidschi-Milizen angegriffen wurde. Dabei seinen die Scheiben seines Wagen zertrümmert worden. Karrubi, der an der Demonstration teilnehmen wollte, kam unverletzt davon und wurde von seinen Anhängern nach Hause gebracht. Ähnlich soll es dem früheren Staatspräsidenten Mohammed Chatami ergangen sein. Zu den Verhafteten gehören unter anderem Karrubis Sohn Ali, der Bruder Chatamis, Mohammed Resa Chatami, und seine Frau.

Auf der offiziellen Kundgebung, an der mehrere hunderttausend Menschen teilgenommen hatten, erklärte Staatschef Ahmadinedschad, Iran habe bei der Anreicherung des Urans auf 20 Prozent bereits Erfolge zu verzeichnen. Die erste Ladung sei bereits Wissenschaftlern zur Nutzung für den Forschungsreaktor in Teheran übergeben worden. Der Iran habe keine Probleme, seinen Bedarf an angereichertem Uran im eigenen Land herzustellen. Das Land sei sogar in der Lage, das Uran auf 90 Prozent anzureichern, "aber wir brauchen das nicht", sagte Ahmadinedschad. Er betonte, seine Regierung strebe keine Atomwaffen an. "Wenn wir eine Bombe herstellen wollen, haben wir keine Hemmungen, es offen zu sagen. Bereits am Dienstag hatte Teheran bekannt gegeben, dass die Produktion des 20-prozentigen Uran in der Anlage Natans angelaufen sei.

Die internationale Staatengemeinschaft hat eine weitere Runde von Sanktionen angekündigt. Mehrere Resolutionen des Sicherheitsrats mit Forderungen nach dem Stopp der Urananreicherung hat Iran ignoriert. Währen die USA und die EU-Staaten für härtere Sanktionen plädieren und möglicherweise die Einfuhr des Benzins im Iran verhindern wollen, sind Russland und China für die Fortsetzung der Verhandlungen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.