Die Oscar-Nacht: Eine Frau macht den besten Film

Kathryn Bigelows Autorenfilm "Tödliches Kommando" über Bomben-Entschärfer im Irak gewinnt die wichtigsten Oscars – und lässt "Avatar", das Millionen-Spektakel ihres Ex-Mannes, weit hinter sich.

Konkurrenten: Kathryn Bigelow und ihr Ex-Mann James Cameron vor der Verleihung. Bild: ap

HOLLYWOOD dpa/afp/taz | "Avatar" von James Cameron war der große Kinoerfolg der Saison und natürlich auch Favorit bei der Oscarverleihung. Dort aber hat sich in der vergangenen Nacht Regisseurin Kathryn Bigelow (58) mit ihrem Irak-Kriegsdrama "The Hurt Locker" durchgesetzt. Sie gewann sechs Oscars, darunter auch die beiden bedeutensten: den für die beste Regie und für den besten Film.

Damit ist Bigelow nicht nur erfolgreicher als ihr Ex-Mann Cameron, sie ist auch die erste Frau, die den Regie-Oscar gewinnt – und das mit einer Independent-Produktion. Der Film handelt von einer Einheit von US-Bombenentschärfern im Irak und kommt in der Besetzung komplett ohne Filmstars aus. Insgesamt gewann "The Hurt Locker" ("Tödliches Kommando") sechs Oscars, "Avatar" kam auf drei Trophäen – beide waren neunmal nominiert.

Das Rennen zwischen "The Hurt Locker" und "Avatar" war das zwischen David und Goliath: "Avatar" kostete 500 Millionen Dollar und spielte bereits 2,5 Milliarden Dollar ein – er ist der kommerziell erfolgreichste Film der Geschichte. "The Hurt Locker" kostete hingegen 15 Millionen Dollar und war an den Kinokassen nicht gerade ein Renner.

Zudem hatte Cameron schon einmal die Oscar-Nacht dominiert: 1998 gewann er mit "Titanic" elf Oscars. Doch dieses Mal reichte es nur für randständige Oskars: Kameraführung, Ausstattung und Spezialeffekte – alles kein Wunder angesichts des eingesetzten Budgets.

Die Regie ist im Film - und vor allem in der Oskar-Nacht bislang eine fast lupenreine Männerdomäne: Erst dreimal zuvor war eine Frau für die beste Regie nominiert worden. Sofia Coppola mit "Lost in Translation" (2003), Jane Campion mit "Das Piano" (1993) und Lina Wertmüller mit "Sieben Schönheiten" (1975).

Die deutsche Nominierung auf Oscar-Ehren wurde enttäuscht: Der Film "Das weiße Band" von Regisseur Michael Haneke ging leer aus. Dabei war er mit vielen Vorschusslorbeeren in das Rennen um den Oscar für den "besten nicht-englischsprachigen Film" gegangen. Die Trophäe holte jedoch der Thriller "El Secreto de Sus Ojos" ("Das Geheimnis Deiner Augen") aus Argentinien.

Auch in der Kategorie beste Kameraführung ging "Das weiße Band" leer aus. Kameramann Christian Berg hatte mit seinen eindrucksvoll-hypnotischen Schwarz-Weiß-Bildern keine Chance gegen die teuersten Kinobilder aller Zeiten von "Avatar", die sein Kollege Mauro Fiore einfing.

In die Oscar-Liste der besten Hauptdarsteller schrieben sich erstmals Jeff Bridges und Sandra Bullock ein. Der 60-jährige Bridges erhielt die goldene Statue für seine Rolle als abgehalfterter Country-Sänger in dem Film "Crazy Heart". Bridges, der bereits zum fünften Mal nominiert hat, war überwältigt und bedankte sich überschwänglich.

Bullock würdigte einzeln ihre Konkurrentinnen – darunter Helen Mirren und Meryl Streep – und bedankte sich unter vielen Tränen der Rührung. Die 45-Jährige spielte in ihrer Dankesansprache darauf an, dass auch sie lange auf die Auszeichnung warten musste: "Habe ich den Preis wirklich verdient, oder habe ich Euch einfach nur lange genug zermürbt?"

Bullock bekam den Oscar für die Darstellung einer Mutter aus der Oberschicht, die einen obdachlosen, schwarzen Jungen in ihrer Familie aufnimmt und ihn zum Football-Profi macht. Erst am Abend zuvor hatte sie den Schmähpreis "Goldene Himbeere" als schlechteste Schauspielerin für ihre Darstellung als aufdringliche Verliebte in der Komödie "Verrückt nach Steve" erhalten. Immerhin besaß sie die Größe, die Himbeere selbst abzuholen, was den Himbeeren-Verleihern zum ersten Mal seit fünf Jahren wieder passierte.

Der Österreicher Christoph Waltz bekam für seine Rolle in "Inglourious Basterds" von Quentin Tarantino – wie erwartet – den Oscar als bester Nebendarsteller. "Dies ist ein Über-Bingo", sagte der sichtlich gerührte Waltz mit tränenerstickter Stimme. "Ich werde mich niemals genug bedanken können. Aber ich kann damit jetzt beginnen." Der 53- Jährige galt als Favorit: Für seine Darstellung des charmant-zynischen SS-Offiziers hatte er zuvor bereits eine Goldene Palme von Cannes und einen Golden Globe bekommen.

Beste Nebendarstellerin wurde die schwarze US-Schauspielerin Mo'Nique für ihre Rolle als gewalttätige Mutter in dem Sozialdrama "Precious – Das Leben ist kostbar". Zuvor war "Precious"-Autor Geoffrey Fletcher bereits für das beste adaptierte Drehbuch geehrt worden; der Film basiert auf dem Roman "Push" von Sapphire.

Bei der 82. Oscar-Verleihung gab es außerdem zwei Trophäen für den Zeichentrickstreifen "Up" ("Oben"): Er wurde von den Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zum besten Animationsfilm gewählt und für die beste Originalmusik ausgezeichnet. Damit gewann zum dritten Mal in Folge eine Produktion der Disney-Pixar-Studios den Zeichentrick-Oscar.

Die Trophäe für den besten Film-Song ging an die Country-Musiker Ryan Bingham und T Bone Burnett für ihr Titellied "The Weary Kind" aus "Crazy Heart". Als bester Dokumentarfilm wurde die US-Produktion "The Cove" ausgezeichnet, in der es um das blutige Abschlachten von Delfinen in einer japanischen Bucht geht.

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