Klimaschutz: Kohlekraftwerk offiziell illegal

Nachdem Eon auch vor dem Bundesverwaltungsgericht unterliegt, müssen die Bauarbeiten in Datteln nun weitgehend ruhen. Eine neue Genehmigung halten Gegner für unrealistisch.

Die ewige Baustelle: Kohlekraftwerk in Datteln. Bild: dpa

Niederlage für den Energiekonzern Eon und die Stadt Datteln: Der Bebauungsplan für das in der nordrhein-westfälischen Stadt geplante Kohlekraftwerk ist endgültig unwirksam. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erklärte am Dienstag als letzte Instanz, dass eine Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom September 2009 unzulässig sei. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass das Kraftwerk jemals ans Netz gehen wird.

Im Urteil vom vergangenen September war unter anderem festgestellt worden, dass in Datteln keine Erweiterung, sondern ein Neubau entstehe. Dieser verstoße wegen des hohen Ausstoßes von Kohlendioxid (CO2) gegen den nordrhein-westfälischen Landesentwicklungsplan, der zum Klimaschutz verpflichte.

Umweltverbände, die die Klagen gegen das Kohlekraftwerk unterstützt hatten, begrüßten das Urteil. "Damit ist es jetzt offiziell, dass in Datteln ein illegaler Schwarzbau steht", sagte Jürgen Quentin, Rechtsanwalt der Deutschen Umwelthilfe. Auch Dirk Jansen vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) sieht das Urteil als "Bestätigung für die gravierenden Rechtsverstöße von Stadt, Land und Bezirksregierung".

Die Bezirksregierung Münster widerrief als Konsequenz aus dem letztinstanzlichen Urteil zwei weitere Teilgenehmigungen für das Kraftwerk. Nach Angaben von Eon-Sprecher Andreas Brandtner bedeutet dies einen "weitgehenden Baustopp". Zwei andere, schon früher erteilte Genehmigungen bleiben zunächst bestehen; doch die darauf beruhenden Arbeiten, etwa am Kühlturm, sind laut Eon ohnehin fast beendet. Bereits nach dem ursprünglichen Urteil vom September waren Teile der Arbeiten eingestellt worden; dennoch arbeiteten zuletzt noch 1600 Menschen auf der Baustelle.

Trotz des Urteils wollen sich der Bauherr Eon und die Stadt Datteln keineswegs geschlagen geben. Der Energiekonzern setzt darauf, dass ein neuer Bebauungsplan aufgestellt wird. "Das Kraftwerk ist aus unserer Sicht weiterhin genehmigungsfähig", sagte Unternehmenssprecher Brandtner. Der Rat der Stadt Datteln will an diesem Mittwoch über die Einleitung des Verfahrens für einen neuen Bebauungsplan entscheiden. Um dessen Rechtmäßigkeit zu ermöglichen, hatte die Landesregierung im Februar bereits beschlossen, den Klimaschutz komplett aus dem Landesentwicklungsplan zu streichen. Bis ein neuer Bebauungsplan vorliegt, würde vermutlich mehr als ein Jahr vergehen.

Dass das Kraftwerk Datteln dadurch gerettet werden kann, bezweifeln die Gegner allerdings. "Die verzweifelten Versuche, den Schwarzbau in Berlusconi-Manier durch nachträgliche Gesetzesänderungen zu legalisieren, werden keinen Erfolg haben", sagte BUND-Sprecher Jansen. Einerseits könnte dieser Versuch ebenfalls vor Gericht scheitern, denn viele der Mängel seien auch durch einen neuen Bebauungsplan nicht zu beheben.

Zum anderen könnten auch neue politische Mehrheiten nach der Landtagswahl im Mai das Projekt stoppen. Die Grünen, die sich gute Chancen auf eine Regierungsbeteiligung ausrechnen, sind erklärte Gegner des geplanten Kraftwerks.

Neben Datteln wurden in den vergangenen Monaten fünf weitere Kohlekraftwerksprojekte gestoppt. Die Gründe waren vordergründig zwar unterschiedlich: In Mainz zum Beispiel wurde den Banken die Finanzierung des Milliardenprojekts zu heikel, in Dörpen unterdessen ließ die EnBW wissen, sie habe sich "aus ökologischen und ökonomischen Gründen" entschieden, das Projekt aufzugeben. Doch wie auch immer man es formulierte, letztendlich war es stets die unsichere Rentabilität, die zum Rückzug führte.

Denn zum einen verhindert der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien, dass neue Kohlekraftwerke langfristig die Laufzeiten erreichen, die für einen rentablen Betrieb nötig sind - zumal der Stromverbrauch in Deutschland 2009 um 5,3 Prozent abnahm. Zum anderen wird der CO2-Ausstoß wegen des Emissionshandels zunehmend teurer werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.