„Ich bin das Original“

ENZIAN „Der wahre Heino“ aus Kreuzberg spricht über das Schicksal, kopiert zu werden – und über die Wandlung seines Nachahmers

■ behauptet bis heute, er sei der „wahre Heino“. Der Kreuzberger, Jahrgang 1951, ist seit Mitte der 80er in der volksmusikalischen Gegenkultur unterwegs. Nachdem er, der „wahre Heino“, in Südafrika während der Apartheid aufgetreten sei, habe ihm seine Plattenfirma gekündigt, woraufhin er in Berlin den Plattenladen „Scheissladen“ eröffnet habe.

■ Hähnel behauptet, ein Doppelgänger von ihm habe sich in der Zwischenzeit weiter der deutschen Volksmusik gewidmet und sich in seinem Namen ein goldenes Näschen verdient. Hähnel hat darauf reagiert, indem er als der „wahre Heino“ erneut die Bühne betrat und regelmäßig mit den Toten Hosen auftrat.

■ Hähnels Doppelgänger aus Bad Münstereifel verklagte den „wahren Heino“ auf 500.000 Euro Schadenersatz und erwirkte letztlich eine einstweilige Verfügung gegen Hähnel, die eine Verwechslung der beiden Heinos ausschließen soll. Außerdem hatte Hähnel die Wahl, 10.000 Euro Strafe zu bezahlen oder ein paar Tage in den Knast zu gehen. Er wählte den Knast.

INTERVIEW ANDREAS HARTMANN

taz: Herr Hähnel, Sie sind der „wahre Heino“. Was halten Sie davon, dass Ihr ewiger Nachahmer, der andere Heino, auf seiner neuen CD den Rocker mimt und damit ein Publikum erreichen will, das Sie schon früher hatten, als Sie mit den Toten Hosen auftraten?

Norbert Hähnel: Ich stehe der Sache eigentlich recht gelassen gegenüber. Dass ich von dem anderen Heino kopiert werde, ist ja nichts Neues für mich, er macht mich ja seit 30 Jahren nach. Er benutzt jetzt eben mein Image, um in die Charts zu kommen.

Sie finden dieses Ranwanzen des anderen Heino an ein jüngeres Publikum mit seiner Platte „Mit freundlichen Grüßen“ also nicht besonders schlimm?

Nein, schlimm finde ich das nicht. Der kann meinetwegen singen, was er will, dagegen ist ja gar nichts einzuwenden. Ich finde das eher rein musikalisch nicht besonders spannend und ziemlich einfallslos. Das ist absolut keine Platte, die ich mir freiwillig anhören wollte.

Der andere Heino tut jetzt so, als sei er ein Spaßsänger und Ironiker. Er gibt sich mittlerweile als lockerer und weltoffener Typ. Für wie glaubwürdig halten Sie denn seine jüngste Wandlung?

Es ist die Frage, inwieweit man einen Mann, der die drei Strophen der deutschen Nationalhymne gesungen hat, der immer wieder, auch heute noch, das Schlesierlied singt und zur Zeit der Apartheid in Afrika aufgetreten ist und der darüber hinaus mit der Einschätzung, er sei „Hart wie Kruppstahl, zäh wie Leder, flink wie ein Windhund“ jüngst Adolf Hitler zitiert hat, nicht sogar als Nazi bezeichnen soll.

Sie hatten vor Kurzem einen Unfall (Hähnel wurde im Dezember von einem Auto angefahren; d. Red.) und sagen selbst, dass Sie eigentlich in Rente gehen wollten. Aber jetzt müssten Sie doch schon noch mal auf Ihren Nachahmer reagieren, oder?

Eigentlich hatte ich diese ganze Heino-Geschichte tatsächlich längst abgehakt. Aber jetzt bin ich durch die Tatsache, dass mein Doppelgänger nochmals aktiv geworden ist, vor allem in der Form, in der er es geworden ist, wieder voll in die Heino-Sache hineingeschlittert. Wenn er weiterhin Volksmusik machen würde, dann wäre das ja gar nicht interessant. So aber habe ich mir gedacht, die Discoversion vom „Blauen Enzian“, die es bereits von mir gibt, einfach etwas aufzupeppen. Am liebsten zusammen mit den Toten Hosen. Leider bin ich durch meinen Unfall noch nicht wieder arbeitsfähig und die Toten Hosen sind noch im Urlaub. Aber den Plan, zu reagieren, den gibt es.

Markus Lanz hat den anderen Heino auf Sie angesprochen. Der tat darauf so, als würde er Sie gar nicht richtig kennen, und nannte Sie nicht Hähnel, sondern „Hähnchen“.

Ich glaube, die ganze Sache mit mir damals hat ihn so ein bisschen traumatisiert. Ohne mich wäre seine Wandlung jetzt nicht zustande gekommen, glaube ich.

Eigentlich hatte ich diese ganze Heino-Geschichte längst abgehakt. Aber jetzt bin ich wieder voll hineingeschlittert

Gut, klar, psychologisch lässt sich das erklären. Aber nervt es nicht einfach, dass der Mann sich immer weiter an Ihnen abarbeiten muss?

Na ja, ich muss wieder allen deutlich machen: Ich bin das Original, er ist die Fälschung. Es gibt ja nur eine Person Heino, und das bin ich. Aber, wie gesagt, er hat mich immer nachgemacht. Irgendwann bin ich in meiner aktiven Zeit zusammen mit meiner Freundin aufgetreten, ein halbes Jahr später sang Heinz Georg Kramm, der sich Heino nennt, zusammen mit seiner Frau im Duett. Dann habe ich das Café Enzian in Kreuzberg eröffnet, er kurz darauf sein Heino-Café. Selbst als ich politisch wurde und für die KPD/RZ für das Amt des Bürgermeisters kandidierte, kam er bei der CDU an und wollte Sachverständiger werden für irgendeinen Quatsch, „Volksliedbeauftragter“ oder so.

Glauben Sie, es wird Heinz Georg Kramm auf längere Sicht etwas nützen, dass er sich jetzt so locker und witzig gibt wie Sie?

Er wird in den Kreisen, in denen ich verkehre, auch weiterhin Persona non grata sein. Auch wenn er sich gerade neu erfindet, nimmt ihn niemand wirklich ernst.