Iran weist Clotilde Reiss als Spionin aus: Entlassung – oder doch ein Austausch?

Nach 10 Monaten Haft kommt die 24-jährige Studentin Clotilde Reiss frei. Es gibt Gerüchte, wonach Paris Zugeständnisse gemacht haben soll.

Stolzer Befreier: Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner mit Clotilde Reiss am Sonntag in Paris. Bild: ap

PARIS taz | Lange Zeit wurde in Frankreich auf die Freilassung von Clotilde Reiss gewartet, die gegen ihren Willen zu einer Geisel und zum Spielball der diplomatischen Spannungen zwischen Frankreich und dem Iran geworden war.

Die 24-Jährige studierte an der iranischen Universität von Isfahan, als sie im Juni 2009 mit ihrem Mobiltelefon Protestkundgebungen gegen das Regime und die Wahl von Präsident Mahmud Ahmadinedschad fotografierte. Sie wurde deswegen im Juli als ausländische Spionin verhaftet und von Gerichten zu langen Gefängnisstrafen verurteilt. Seit Monaten wartete sie im Hausarrest in der französischen Botschaft auf die Erlösung.

Am Samstag ging alles plötzlich sehr rasch. Zuerst wurde zu ihrem Schrecken ihre Verurteilung wegen Spionage von einem Richter bestätigt, der unmittelbar darauf aber die Haftstrafe in eine Geldbuße von 245.000 Euro umwandelte. Nachdem ihr iranischer Anwalt diese Summe hinterlegt hatte, erhielt seine Klientin ihren Pass zurück und konnte ausreisen.

Am Sonntagvormittag bestieg sie ein Flugzeug nach Dubai, von wo sie ein Airbus der französischen Regierung nach Paris ausflog. Dem Vernehmen nach sollen sich der senegalesische Präsident Wade und sein brasilianischer Amtskollege Lula in Teheran für sie eingesetzt haben. Wade hat kritisch hinzugefügt, ohne die Intervention eines nicht genannten Beraters des französischen Präsidenten hätte Reiss bereits vor Monaten heimkehren können.

In Paris wurde sie gleich nach der Landung mit ihren Angehörigen von Staatspräsident Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast empfangen. Dieser hatte die ursprüngliche Forderung des iranischen Staatschefs, als Gegenleistung für die Freiheit von Clotilde Reiss zwei in Frankreich inhaftierte Iraner freizugeben, öffentlich empört zurückgewiesen.

Trotzdem halten sich weiterhin Gerüchte, wonach Paris Zugeständnisse gemacht habe. Wie vom Iran gewünscht, ist der iranische Ingenieur Madschid Kakawand, dessen Auslieferung die USA verlangt hatten, bereits auf freien Fuß gesetzt worden.

Über eine Haftentlassung und Ausweisung von Ali Wakili Rad, der 1994 wegen der Ermordung des letzten Premierministers des Schah, Schapur Bachtiar, zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, soll am Dienstag ein Haftrichter entscheiden. Falls auch Rad seine Freiheit erlangt, wäre dies selbstverständlich aus offizieller Sicht ein totaler Zufall.

Außenminister Bernard Kouchner bekräftigte gestern, es habe für die Freilassung der Studentin "keine Gegenleistung" gegeben. Ahmadinedschad hatte aber wiederholt erklärt, der Zeitpunkt einer Rückkehr von Clotilde Reiss hänge einzig "vom Verhalten der französischen Führung ab".

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