Verdacht auf Gefangenenaustausch: Bachtiar-Mörder auf freiem Fuss

Alles deuet auf einen Austausch von Gefangenen hin: Die Iraner ließen Clotilde Reiss frei, dafür darf Ali Vakili Rad in seine Heimat zurück. Aber die Regierung in Paris dementiert.

Der Bachtiar-Mörder Ali Vakili Rad (Mitte) verlässt das Gefängnis von Poissy. Bild: ap

PARIS taz | Wie erwartet stimmte gestern ein französisches Gericht der Entlassung Ali Vakili Rads aus der Haft zu, nachdem zuvor das Innenministerium grünes Licht für seine Ausweisung in den Iran gegeben hatte. Kurz darauf verließ der heute 50-jährige Iraner seine Zelle im Gefängnis von Poissy im Norden von Paris, um auf dem schnellsten Wege in seine Heimat zu fliegen. Er war 1994 wegen der Ermordung des ehemaligen Premierministers Schapur Bachtiar zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach 18 Jahren hinter Gittern war die im Urteil angesetzte minimale Haftperiode abgelaufen, und Rad, der seine Mitwirkung an der Exekution des im französischen Exil lebenden letzten Regierungschefs unter dem Schah 1991 gestanden hat, konnte über seine Anwälte seine Entlassung auf Bewährung beantragen. Zweimal wurde dieser Antrag schließlich abgelehnt, weil das für seine Ausweisung zuständige Innenministerium ein Veto einlegte.

Dass jetzt die Pariser Regierung plötzlich nichts mehr gegen seine Rückkehr in den Iran hat, sondern sich im Gegenteil ostentativ bemüht, seine Ausreise möglichst im Dringlichkeitsverfahren zu bewilligen, weckt den Verdacht, dass da ein Zusammenhang besteht mit der Heimkehr der jungen Akademikerin Clotilde Reiss, 24, aus dem Iran am Sonntag. Sie war dort wegen angeblicher Spionage verurteilt worden. Sie wurde dadurch zum Spielball der Diplomatie vor dem Hintergrund des Konflikts um iranische Nuklearwaffenpläne. Nach Meinung von Rads Anwalt haben die dadurch verschärften Spannungen die Bemühungen um eine Entlassung seines Klienten erschwert.

Die Pariser Staatsführung dementiert weiterhin kategorisch, dass irgendein Zusammenhang zwischen den beiden Affären bestehe. In der Woche zuvor hatte Frankreich einen Auslieferungsantrag der USA gegen einen anderen Iraner, den Ingenieur Madschid Kakawand, abgelehnt und ihn in seine Heimat zurückfliegen lassen. Auch wenn Außenminister Bernard Kouchner betont, dabei handle es sich keinesfalls um "Konzessionen", wäre das französische Entgegenkommen vielleicht nicht so überraschend, wenn sich nicht gleichzeitig das iranische Regime ebenfalls plötzlich gnädig stimmen ließ und Clotilde Reiss nach einem zehnmonatigen Zwangsaufenthalt die Heimreise gestattete.

Noch verwirrender wird die Geschichte durch die Behauptung eines ehemaligen Vizedirektors des französischen Geheimdiensts DGSE, demzufolge Clotilde Reiss zwar "keine Spionin im eigentlichen Sinn des Worts" gewesen sei, aber dennoch als "registrierte Mitarbeiter" für die Botschaft im Iran nachrichtendienstlich aktiv gewesen sei. Sie habe nicht nur Informationen und Analysen über die Opposition geliefert, sondern auch über Nuklearanlagen in der Nähe von Isfahan, wo sie als Lektorin an der Universität tätig war. Die Behörden in Paris dementieren kategorisch, dass sie eine Agentin gewesen sei. Die iranische Botschaft in Frankreich dagegen bestätigte, wegen ihrer bekannten Geheimdienstkontakte sei Reiss, deren Vater für die militärische Atomforschung in Frankreich arbeitet, von Beginn weg überwacht worden.

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