Synchronsprecher Peter Krause: "Auch ich bin Donald Duck"

Donald Ducks Sprache ist von hoher Musikalität, findet Peter Krause. Der ist dessen deutsche Stimme, ist auf Tour und erklärt, wie seine Sprechweise zum Ruhm der Ente beiträgt.

Wenn Donald Duck auf dem Bildschirm so richtig ausrastet, kommt die Ente im Menschen zum Vorschein. Bild: dpa

taz: Herr Krause, haben Sie deformierte Stimmbänder oder eine ausgeprägte Gaumenmuskulatur?

Peter Krause: Weder noch. Es kann schon sein, dass man besondere Stimmbänder braucht, um gleichzeitig zu sprechen. Aber die Hauptsache für den Donald Duck-Sound ist ja dieses Quak-Geräusch, und das hat keinerlei besondere anatomische Voraussetzungen.

Wie erzeugen Sie das?

Das geht über ein Luftpolster in der Backe, so chqärkglgl kwärk!, kwäark…!

Mit welcher Backe?

Also ich mache es mit der linken, aber andere mit der rechten: Donalds amerikanischer Synchronisator, glaube ich, der hebräische auch.

Und - hört man den Unterschied?

Nein, es sieht höchstens anders aus. Aber sonst - nein. Als Disney weltweit Synchronsprecher suchte, war ja auch gerade die Idee dahinter, dass Donald überall möglichst gleich klingen sollte: Ich kenne den Franzosen, den Hebräer, den Amerikaner habe ich auch mal in Los Angeles getroffen, in Holland macht das eine Frau, was eigentlich keiner weiß - aber im Großen und Ganzen ist die Technik überall weitgehend dieselbe.

ist 23 Jahre jünger als Donald F. Duck (Jahrgang 1931), in Bayern und New York aufgewachsen und arbeitet als freier Rundfunk-Journalist. Seit 1988 ist er Donalds deutsche Filmstimme.

Also Luft in die Wange und los?

Na, also ein paar Sachen muss man schon noch beachten: Zum Beispiel, wenn man die Hand auf die Wange hält, während man das Geräusch machen will - da geht gar nichts mehr. Und sehr wichtig ist: Der Mund muss immer feucht sein. Wenn das nicht der Fall ist, kann mans vergessen. Tony Anselmo …

… Donalds amerikanische Stimme …

… der hat das mal schön auf den Punkt gebracht: Der war gefragt worden, was er tut, wenn er mal nicht mehr kann. Da hat er geantwortet: ,Then I go home.' Und das ist auch so, da helfen alle Tees und Gurgelessenzen nichts. Das ist ein ziemlich intensives Sprechen. Das hält man nicht so lange durch. Und wenn Schluss ist, ist Schluss.

Und wie lange halten Sie es so durch?

So maximal eine Stunde, vielleicht auch eine Stunde und zehn Minuten. Danach klingt meine Stimme allerdings wie ein Reibeisen.

Dabei - dass Donald echten Text spricht, merkt man oft nicht, also aus sinnvollen Wörtern …

Das tut er aber. Es gibt tatsächlich für jeden Take komplette englische Sätze, die korrekt ins Deutsche übertragen werden, und die ich sprechen muss. Allerdings stimmt es, dass Donalds Sprache schon von Anfang an auf nur etwa 50 Prozent Verständlichkeit angelegt war.

Sie hat also eine stark musikalische Funktion?

Ja, Donalds Sprache ist von hoher Musikalität - und ohne diese Art Sprache wäre er nie so populär geworden: Diese Phasen wo er ausrastet, der Zorn, das Selbstmitleid, die Gefühle - da kommt der Mensch in der Ente durch.

Nur in den Filmen?

Ja und nein: Wenn man genau hinguckt, scheint das auch in den Comics von Carl Barks angelegt. Wenn Donald mit anderen Figuren spricht, kommt es immer mal wieder vor, dass die seine Aussagen wiederholen und nachfragen, ob er genau das gemeint hat. Das ist wie ein Hinweis, dass es etwas schwierig ist, ihn zu verstehen. Aber sonst haben die Filme und die Comics nichts miteinander zu tun.

Trotz identischer Figuren?

Ja. Die Filme sind stärker auf die Realität bezogen. Das fängt schon damit an, dass sie nicht in Entenhausen spielen.

Wo lebt Donald denn?

Er wohnt mal in New York, mal in Philadelphia, dann gibts eine zeitlang nur in Chicago Arbeit, also lebt er dort. Er zieht den Jobs hinterher, eben ganz wie der Durchschnitts-Zuschauer in den USA kurz nach der Weltwirtschaftskrise. Er ist deshalb auch, anders als Micky, immer eine Identifikationsfigur.

Wer will sich denn im ewigen Loser wiedererkennen?

Das ist er doch gar nicht.

Ach?

Nein, Donald ist kein Loser. Natürlich wird er immer wieder von seinen Chefs unterdrückt. Und er hat so seine Schwierigkeiten, gerade mit der Technik. Es funktionieren Dinge nicht, die eigentlich funktionieren müssten, obwohl er die Gebrauchsanleitung genau gelesen hat, und darüber regt er sich auf. Aber das liegt ja eben nicht daran, dass er zu blöd ist, sondern eher daran, dass die Bedienungsanleitung von denen geschrieben ist, die das Gerät selbst gemacht haben - und so, dass nur sie selbst sie verstehen. Und in manchen Filmen gewinnt er auch - in den Kriegsfilmen auf jeden Fall.

In "Der Fuehrers Face" von 1943?

Natürlich. Und in "Commando Duck" von 1944 auch. Da vernichtet er eine Basis der japanischen Luftwaffe - allein.

Zeigen Sie absichtlich beim Vortrag vor allem Filme, die Sie nicht synchronisiert haben?

Moment mal! Bis auf die Kriegsfilme habe ich die alle synchronisiert. Aber ich finde es reizvoll, auch mal eine andere Version vorzuführen - und vor allem das amerikanische Original, gesprochen von Clarence Nash. Der ist und bleibt unerreicht. Der hat die Stimme geschaffen. Dagegen sind wir alle nur die B-Version.

Spurlos kann das trotzdem nicht an Ihnen vorübergegangen sein, wenn Sie Donald in seinen sämtlichen Abenteuern gesprochen haben.

Sicher, auch ich bin ein Stück weit Donald Duck: Ich mache das jetzt seit 22 Jahren - irgendwann geht das in Fleisch und Blut über. Ich kann auch an keinem Teich vorbeigehen, ohne mit den Enten zu kommunizieren. Die sprechen mit mir, ich mit denen. Wir verstehen uns nicht immer. Aber das muss ja auch nicht sein.

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