Verdacht auf Beihilfe zu Kindesmissbrauch: Zollitsch im Visier der Ermittler

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Erzbischof Robert Zollitsch: Er soll sexuellen Missbrauch von Kindern ermöglicht haben. Sein Bistum weist die Vorwürfe als "substanzlos" zurück.

Unter schweren Anschuldigungen: Erzbischof Robert Zollitsch. Bild: ap

BERLIN taz | Gegen den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, den Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern. Dies bestätigte der Freiburger Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier. Seine Behörde hat die Angelegenheit an die Konstanzer Staatsanwaltschaft abgegeben. Dort sind die Akten jedoch noch nicht eingetroffen.

Die Erzdiözese Freiburg betonte, die Vorwürfe seien substanzlos. Der Sprecher der Bischofskonferenz kommentierte die Angelegenheit nur mit einem Satz: "Das Erzbistum Freiburg hat die Sache deutlich dargestellt."

Nach Auskunft der ARD, die in diesem Fall recherchierte, beruht das Verfahren auf einer Strafanzeige, die bei der Staatsanwaltschaft Freiburg einging. Laut Anzeigensteller wurde dieser in den Sechzigerjahren von einem Pater im Kloster Birnau missbraucht. Das Kloster liegt im Erzbistum Freiburg.

Oberstaatsanwalt Maier erläuterte "Report Mainz" schriftlich: "Der Vorwurf des Anzeigeerstatters geht dahin, dass der Erzdiözese Freiburg bekannt gewesen sei, dass es in früherer Zeit zu sexuellen Übergriffen durch einen Pater gekommen sei. Dr. Zollitsch habe als damals zuständiger Personalreferent der Erzdiözese Freiburg im Jahr 1987 gleichwohl die erneute Anstellung des Paters in der Kirchengemeinde Birnau am Bodensee veranlasst."

Der Pressesprecher des Erzbistum, Robert Eberle, wies die Vorwürfe zurück. Der heutige Erzbischof habe "als damals zuständiger Personalreferent der Erzdiözese keinesfalls 1987 eine erneute ,Anstellung dieses Paters' in Birnau veranlasst". Und: "Eine weitere Anstellung beim Erzbistum Freiburg hat es nicht gegeben."

Der Pressesprecher unterstrich: "Der frühere Personalreferent Zollitsch" habe "weder von den Vorwürfen aus den 60er-Jahren noch von einem erneuten Einsatz dieses Paters gewusst und einen solchen Einsatz schon gar nicht veranlasst." Eberle verwies darauf, dass das Kloster zwar im Bistum Freiburg liege, der zuständige Abt des Klosters aber die "alleinige Verantwortung" trage und "vollständig unabhängig" vom Bischof sei - auch in seinen Personalentscheidungen: "Er benötigt dazu weder die Genehmigung eines anderen Bischofs noch besteht irgendeine Form der Informationspflicht an andere Bischöfe.

Der nun verbreitete Verdacht eines strafbaren Verhaltens von Dr. Robert Zollitsch im Zusammenhang mit dem Kloster Birnau entbehrt also bereits mangels Zuständigkeit, aber auch in der Sache jeder Grundlage."

Anfang April hatte Zollitsch in einem Schreiben an die Priester, Diakone und alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Seelsorge betont, die Kirche müsse ihre Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Der Erzbischof zeigte sich "bestürzt" über die Fälle von sexuellem Missbrauch in der Kirche und betonte: "Wir alle haben unter dem zu leiden, was einige wenige getan haben. Zu Recht werden von der Kirche Aufklärung und Transparenz verlangt. Dazu wollen wir das uns Mögliche beitragen, natürlich auch in der Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft."

In einer gemeinsamen Presse-Erklärung von Zollitsch und der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hieß es Mitte April zudem: "Beide Seiten waren sich darin einig, dass es das vorrangige Ziel der katholischen Kirche und der staatlichen Stellen ist, in enger Kooperation miteinander und mit den Betroffenen alles zu tun, um eine umfassende Aufklärung der vergangenen Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch in den kirchlichen Einrichtungen entschlossen voranzutreiben."

Zollitsch hatte wegen Vergehen seines Augsburger Amtsbruders Walter Mixa diesen kürzlich öffentlich aufgefordert, eine "Zeit der geistlichen Einkehr und räumlichen Distanz" anzutreten. Daraufhin war Mixa als Bischof von Augsburg zurückgetreten - ein in der deutschen Geschichte einmaliger Vorgang.

Christian Weisner von der Kirchenvolksbewegung "Wir sind Kirche" zeigte sich überrascht über die Vorwürfe gegen Zollitsch. In einer ersten Stellungnahme verwies er darauf, dass in einem ähnlichen Fall der Personaldezernent des Erzbistums München zurückgetreten war. Die Frage sei nun, ob man Zollitsch raten sollte, es ihm gleichzutun. Weisner unterstrich, dass womöglich noch einige Bischöfe zurücktreten müssten, würde man diese Maßstäbe anlegen wollen.

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