Kolumne Blagen: Du musst machen, dass das burnt!

Okay, Okay. Auch ältere Eltern können gute Menschen sein. Doch einige ziehen Vulkan-Trolle heran, die uns alle foltern wollen.

Kürzlich missbrauchte ich an dieser Stelle das in mich gesetzte Vertrauen. Ich hatte eine Kolumne verfasst, in der es um, nun ja, sagen wir späte Mütter ging. Um schlechte Benimmse derselben gegenüber ihren scheinbar kinderlosen Mitfrauen. Du lieber Himmel, da war aber was los! Ich erhielt Mails und Briefe sonder Zahl von Lesern, die sich wahlweise zustimmend und amüsiert oder belehrend und angewidert äußerten. Dafür vielen Dank. Ich freue mich über Post, auch über die jener Leserinnen, die meine kleine 100-Zeilen-Sottise "eklig" und "stutenbissig" fanden.

Um mich von der Deutsche-Mütter-Diskussion zu erholen, fuhr ich übers Wochenende ins Grüne. Hotel, Spa, Bioküche, volles Programm. Für den Saunaruheraum hatte ich mir "Mutter" von Rammstein auf den iPod geladen, ich musste nachdenken über die Frage, warum Gebärthemen eigentlich immer noch abgehen wie Nachbars Katze. Abends im Hotelrestaurant servierte die Kellnerin gerade das Spargelmenü, als wie aufs Stichwort ein später Vater, eine fast genauso späte Mutter und ihre drei Söhne den bis dahin lediglich vom Knistern des Kaminfeuers erfüllten Raum enterten.

Die drei kleinen Lockenköpfe, die Vornamen trugen, als würden sie einem Trollgeschlecht entspringen, und mit denen ihre Eltern mal auf Deutsch, mal in English kommunizierten, brachten im Handumdrehen "die Verhältnisse zum Tanzen", wie man das früher formuliert hätte. Sie kreuzten durch den Gastraum, warfen die schweren Holzstühle um, spuckten anmutig ihre Vorsüppchen über den Tisch und forderten von der Kellnerin, sie möge unverzüglich Kaminholz nachlegen. "Du musst machen, dass das burnt!" Die Mutter war kaum zu sehen, sie war damit beschäftigt, ihre Kinder aufs Klo und nach draußen und zum Feuer und zum Stören der anderen Gäste zu begleiten. Den Vater scherte all das nicht. Wozu gibt es Personal?

Er öffnete die Knöpfe seines Dinnerjackets, nestelte die Lesebrille hervor, strich sich versonnen durch die grauen Locken und orderte "das Lammkarree medium und dreimal Kartoffelpüree für die Jungs".

Seine Frau war gerade wieder mal nicht da, um sich etwas zu bestellen. Fünfzehn Minuten später kam das Essen. Das Biolamm streckte anmutig seine Rippchen Richtung Gasthausdecke, die drei Brei-Teller schimmerten in goldbrauner Butter. Aber da stimmte was nicht. Die drei Trolle verfielen augenblicklich in bilinguales Heulen und Nörgeln, weil die Küche es versäumt hatte, den Kartoffelpamps in Vulkanform anzurichten und die Butter in den dazugehörigen Krater zu füllen. Der späte Vater winkte der Kellnerin und forderte sie ultimativ auf, diesen unhaltbaren Zustand zu beseitigen und "den Jungs" Vulkanbrei aufzutragen. Und so geschah es.

Als kurz darauf goldgelbe Krater aufgetragen wurden, hatten die Trolle keinen Appetit mehr, die Kellnerin konnte "das" gleich wieder mitnehmen. Warum ich das erzähle? Weil es natürlich wirklich egal ist, wie alt Eltern sind. Aber nicht egal, wie scheiße sie sein können.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.