Französische Le Monde vor Übernahme: Rettung einer Institution

Bei der Auswahl der zukünftigen Eigentümer von "Le Monde" möchte Präsident Sarkozy gern mitbestimmen. Das sollte eigentlich niemand erfahren.

Trotz Geldproblemen heiß begehrt: Die französische Tageszeitung Le Monde. Bild: reuters

PARIS taz | Le Monde braucht dringend Cash. 2009 hat die französische Tageszeitung 25 Millionen Euro Defizit gemacht. In wenigen Tagen wird nun zudem eine Bankanleihe in Höhe von 25 Millionen Euro fällig, für deren Rückzahlung das Fernseh -und Programmmagazin Télérama

als Garantie eingesetzt worden war. Darüber hinaus hat die Zeitungsgruppe 69 Millionen Euro Schulden. Und dies trotz zum Teil einschneidender Sparmaßnahmen, die sich nach Ansicht so mancher Leser bereits auf die Qualität niedergeschlagen haben. Die Auflage ist auf weniger als 300.000 Exemplare gesunken.

Die finanziell prekäre Lage macht Le Monde (LM) aber nicht unattraktiv für eine Reihe von Interessenten aus Frankreich und dem benachbarten Europa. Die erste Offerte kam vom Familienunternehmen von Claude Perdriel, dem neben anderen Publikationen vor allem das Nachrichtenmagazin Le Nouvel Observateur mit einer ähnlichen redaktionellen Ausrichtung gehört.

Gute Chancen werden auch einem ad hoc gebildeten Dreiergespann eingeräumt, das speziell für die "Rettung" dieser "Institution" in der französischen Medienlandschaft zusammenfand: Pierre Bergé, der ehemalige LOréal-Boss, tritt in Frankreich oft als Mäzen auf; Xavier Niel ist der sehr erfolgreiche Gründer des Internet- und Kommunikationsunternehmens Iliad-Free. Er hat weniger als Philanthrop Schlagzeilen gemacht als wegen früherer Investitionen in Sexshops. Der Dritte im Bunde ist der Bankier Matthieu Pigasse, dem bereits das Kult- und Kulturmagazin Inrockuptibles gehört.

Als Joker meldete dann auch noch der Internet- und Mobiltelefonkonzern Orange (France Télécom) kurz vor Ablauf der Frist für die Kandidaten sein Interesse an den sehr gut besuchten Onlineaktivitäten von LM an. Es ist neu, dass sich ein Provider auch die Kontrolle über einen der wichtigsten Produzenten von Information und Meinung verschaffen will.

Dass die ausländischen Interessenten aus Spanien, Italien und der Schweiz (Prisa-El País, Editoriale-Espresso-Repubblica und Ringier) schließlich einer nach dem andern ihren Verzicht erklärten, weil angeblich die Zeit für die Ausarbeitung einer seriösen Offerte nicht reichte, ist nicht weiter erstaunlich. Frankreich schottet strategisch bedeutende Unternehmen gegen Übernahmen ab.

Inzwischen ist bekannt, dass selbst Präsident Nicolas Sarkozy sich persönlich eingeschaltet hat, damit LM in ihm genehme Hände kommt. Als Feind und als (moralisches) Risiko betrachtet er Iliad-Chef Niel. Das sagte er LM-Direktor Eric Fottorino nicht nur am Telefon, sondern auch bei einem Treffen im Elysée-Palast. Das sollte natürlich ebenso wie die telefonischen Interventionen des Staatschefs geheim bleiben. Es wird aber unweigerlich Ende des Monats die Entscheidung der Zeitungsmacher (Gesellschaft der Redakteure, Vereinigung des Personals und historische Gönner) über die Zukunft von LM beeinflussen. Sicher ist nur, dass sie bei der unausweichlichen Kapitalerhöhung ihre bisherige Mehrheit im Aufsichtsrat an externe Aktionäre verlieren werden. Und niemand weiß, ob Le Monde danach noch lange dieselbe Zeitung sein wird.

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