Kolumne Afrika Afrika: Ghanas steinerner Trainer

Ist Nationaltrainer Rajevac zwischen Ghana und Heimatland Serbien gespalten? Ausgerechnet Ghana landete mit Serbien in einer Gruppe. Zuhause machen serbische Behörden Druck.

Ghanas Fußballfans sind notorische Nörgler. Sie sind ziemlich empört, dass Nationaltrainer Milovan Rajevac sich beim ghanaischen Auftaktspiel gegen sein Heimatland Serbien entschloss, das ghanaische Siegtor nicht zu feiern. Rajevac habe Ghana beleidigt, hieß es, als die Fernsehkameras zeigten, wie er sich am Kopf kratzte statt zu jubeln. Er zeigte keinerlei Emotionen. Als sein ghanaischer Trainerassistent ihm nach dem Spiel die Hand schütteln wollte, wandte sich Rajevac von ihm ab.

Das passte überhaupt nicht zu Ghana, das in der Sekunde des Schlusspfiffs explodierte. Die normalerweise schläfrige Hauptstadt Accra füllte sich mit Trötengeräuschen und Trommelwirbeln. Begeisterte Fans setzten sich auf Autodächer und wedelten mit Fahnen. Am nächsten Morgen gab es einen gigantischen Stau, weil alle Welt frühmorgens gleichzeitig feiern wollte.

Aber nicht dies beherrschte Radiodiskussionen und Schlagzeilen, sondern Rajevac steinernes Gesicht. Die Kritiker rätseln: Ging der Trainer als gespaltene Persönlichkeit in das Spiel? Schließlich hatte er lange vor der WM gesagt: Er könne nur hoffen, dass Ghana nicht ausgerechnet in einer Gruppe mit Serbien lande. Und dann landete Ghana ausgerechnet in einer Gruppe mit Serbien.

Amos Safo ist Chefredakteur der Zeitung "Public Agenda" in Ghana

Serbische Behörden sollen ihn dann unter Druck gesetzt haben, damit er seinen Job als Trainer der Black Stars aufgebe, erklärte er damals dem ghanaischen Fußballverband. Er mache seine Arbeit professionell und werde keinem Druck nachgeben. Sogar als die serbischen Behörden sein Haus in der Heimat abrissen, unter dem Vorwand einer fehlenden Baugenehmigung, gab er nicht klein bei.

Um die Kritiker zu besänftigen, trat Rajevac jetzt in Südafrika vor die Presse, und die Pressekonferenz wurde live nach Ghana übertragen. Es sei doch völlig egal, ob er ein Tor feiere oder nicht, erklärte er. Wichtig sei, dass Ghana gewonnen habe. Jubeln hätte bedeutet, sich über sein Vaterland lustig zu machen.

Überhaupt gebe es doch gar nicht wirklich Grund zum Feiern. Schließlich muss Ghana noch gegen Deutschland spielen. Jubeln sei erst angebracht, mahnte Rajevac, wenn Ghana auch gegen Australien gewinnen sollte und gegen Deutschland respektabel abschneidet. Der 54-jährige Rajevac wird respektiert, denn er hat in zwei Jahren mit Ghana Großes geleistet, unter anderem eine Endspielteilnahme beim Afrika-Cup in Angola dieses Jahr.

Die ghanaischen Fußballer selber stimmten der Zurückhaltung ihres Trainers zu. "Wir haben die drei Punkte gekriegt, aber es kommt darauf an, die Gruppenphase zu überstehen", erklärte Asamoah Gyan, der den ghananischen Elfmeter gegen Serbien verwandelte. "Wir haben uns gefreut, aber wir werden das schnell vergessen und uns auf die nächste Herausforderung konzentrieren." Mannschaftskapitän John Mensah sagte ebenfalls, es sei wichtig, jetzt nicht "zu glücklich" zu sein. "Es war wichtig, dass wir nicht verloren haben, aber es gibt noch viel zu tun. Wir konzentrieren uns jetzt auf Australien."

Und inzwischen hat Deutschland gegen Australien 4:0 gespielt. Noch ein Grund weniger zum Feiern in Ghana.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.