Kolumne Afrika Afrika: Vorbild Nordkorea

Bislang zeichnet sich diese WM dadurch aus, dass die "kleinen" Teams vor den "Großen" überhaupt keinen Respekt haben. Darauf setzt auch Ghana.

Ghanas Fans sind schwer enttäuscht. Die Black Stars haben es am Samstag nicht geschafft, eine australische Mannschaft in Unterzahl zu schlagen. Ein Sieg hätte das letzte Gruppenspiel gegen Deutschland nächsten Mittwoch zu einer Formalie gemacht. Aber jetzt wird dieses Spiel für beide Teams die Entscheidung sein. Das wollten die Ghanaer vermeiden, und entsprechend war am Samstagabend auch die Stimmung auf den Straßen von Accra.

Die Black Stars, betont Trainer Milovan Rajevac, haben ihr Schicksal noch immer in den eigenen Händen. "Wir gaben unser Bestes und hatten viele Chancen", sagt er. "Selbst wenn wir gewonnen hätten, würden wir immer noch einen Punkt vom Spiel gegen Deutschland brauchen, also machen wir uns keine Sorgen. Wir müssen uns einfach auf das Spiel vorbereiten und sicherstellen, dass wir nicht verlieren." Nach jetzigem Stand können sich noch alle vier Mannschaften der Gruppe D für das Achtelfinale qualifizieren.

In Ghana erinnert man sich allzu gut an die 1:6-Niederlage gegen Deutschland in einem Freundschaftsspiel 1993. Aber wenn die Black Stars mit dieser Erinnerung in das Spiel gehen, geben sie Deutschland einen Vorteil. Bislang zeichnet sich diese WM dadurch aus, dass die "kleinen" Teams vor den "Großen" überhaupt keinen Respekt haben, wie man an Spanien, Frankreich, England und sogar Brasilien sieht, das sich gegen Nordkorea schwer abmühte. Die nordkoreanische Haltung ist die, mit der Ghana in das Spiel gegen Deutschland gehen muss.

Amos Safo ist Chefredakteur der Zeitung "Public Agenda" in Ghana.

Serbien spielte respektlos und bekam das erwünschte Resultat. Schon der serbische Sieg gegen Deutschland sorgte für schlechte Stimmung in Ghana: Man hatte eigentlich gehofft, dass Deutschland gewinnt, und damit wäre die Gruppe so gut wie entschieden gewesen, mit Deutschland und Ghana als den Siegern. Ghana ist jetzt also nicht nur mit sich selbst unzufrieden, sondern auch mit Deutschland.

Am Schluss wird es um Taktik gehen. Joachim Löw gegen Milovan Rajevac. Der Serbe gilt in ghanaischen Augen als besserer Taktiker. "Der Trainer ist gut. Er sagt uns seine taktischen Pläne, und wenn wir machen, was er sagt, kriegen wir das Ergebnis", sagt Vizekapitän John Mensah, der zusammen mit Isaac Vorsah verletzungsbedingt nicht gegen Australien auf dem Platz war. Statt ihrer spielten die unerfahreneren Jonathan Mensah und Lee Arday, beide unter 20. Dies erklärte, warum die Australier in der Schlussphase des Spiels so viel Druck aufbauen konnten. Ghana betet nun, dass Mensah und Vorsah am Mittwoch gegen Deutschland wieder fit sind.

Aber wenn Deutschland und Ghana gegeneinander antreten, entscheidet sich nicht nur, wer weiterkommt. Es wird nöglicherweise auch Geschichte geschrieben, falls die beiden Brüder Prince Boateng und Jerome Boateng beide auf dem Platz stehen, einer für Ghana, einer für Deutschland. Noch nie in einer WM haben zwei Brüder gleichzeitig in zwei gegnerischen Mannschaften gegeneinander gespielt. Kevin Prince Boateng, der Ballack-Fäller, hat in den ersten beiden Spielen einen guten Eindruck hinterlassen. Wenn er es schafft, die deutsche Verteidigung zu knacken, ist dies eventuell der Schlüssel zu Ghanas Sieg.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.