ENERGIE: Datenschutz fürs Dach

Das Katasteramt gab Luftbilder weiter, um eine vielgelobte Solarkarte erstellen zu lassen. Die FDP sieht einen Rechtsverstoß, der Datenschutzbeauftragte siehts gelassen.

Eine jüngst eröffnete Solarsiedlung in Freiburg. Auf Bremer Dächern könnte jährlich eine Strommenge erzeugt werden, die etwa einem Achtel der Leistung des AKW Unterweser entspricht Bild: dpa

Jedes Jahr könnte auf Bremer Dächern eine Strommenge erzeugt werden, die etwa einem Achtel der Leistung des AKW Unterweser entspricht. Und würden die geeigneten Dachflächen für Solaranlagen ausgeschöpft, könnten viele Großstädte den kompletten Strombedarf ihrer privaten Haushalte allein dadurch decken. Doch noch immer haben nur weit weniger als zwei Prozent aller Hausbesitzer eine Solaranlage installiert. Ein Kartierungsprojekt namens "Sun Area", mit dem ermittelt werden sollte, welche Häuser in Bremerhaven besonders geeignet für Solarzellen sind, sorgt jetzt für Streit: Die FDP wittert einen Datenschutzskandal.

Grund ist eine Kooperation mit der Fachhochschule Osnabrück. Die hat eine spezielle Software entwickelt und bot dem Bremerhavener Vermessungsamt an, damit ein Solarkataster zu erstellen. In Osnabrück gibt es dies bereits: Dort kann schon seit 2008 jedermann auf einem Online-Stadtplan ganz genau einsehen, welches Haus sich wie gut für die Installation einer Solaranlage eignet. Seither vermarktet die FH die Dienstleistung auch an andere Kommunen.

In Bremerhaven griff man gerne zu. Die nötigen Luftbilder und "Laserscandaten" lagen ohnehin beim Katasteramt bereit. Infos wie Dachform, neigung, ausrichtung, Verschattung, Straßenname und Hausnummer aller Bremerhavener Immobilien wurden auf den Server der Osnabrücker Hochschule übertragen. Die rechnete die Daten um und erstellte die gewünschte Karte, auf der der Grundriss jeden Hauses entsprechend seiner Eignung unterschiedlich eingefärbt war. Bezahlt wurde das Ganze von der SWB. Die Verwaltung wollte alle Besitzer besonders geeigneter Häuser mit einer Beratung anspornen, über den Kauf einer Solaranlage nachzudenken. Zudem sollte das Kataster auch hier ab Juni 2010 ins Netz gestellt werden.

In Osnabrück wuchs die Zahl der Solaranlagen seit Veröffentlichung des dortigen Solarkatasters um 150 Prozent, von rund 2.000 auf rund 5.000 Anlagen.

"Das ist im Prinzip eine schöne Sache", sagt der FDP-Landesvorsitzende Oliver Möllenstädt. Doch die Antwort des Senats auf eine FDP-Anfrage offenbarte, dass bei der Weitergabe der Daten möglicherweise Vorschriften missachtet wurden. "Das Vermessungsamt kann die Daten nicht einfach so weitergeben, das geht zu weit", sagt Möllenstädt. Tatsächlich räumt der Senat ein, dass versäumt wurde, eine rechtlich vorgeschriebene Vereinbarung mit der FH zu treffen. Bis zu einer Einigung mit der Landesdatenschutzbeauftragten sei das Bremerhavener Sun Area Projekt deshalb ausgesetzt worden. Möllenstädt sagt, er fühle sich an die "Riege der Datenschutzmissachter wie Google Street View und Konsorten" erinnert.

Nach einer Prüfung wiegelt die Landesdatenschutzbeauftragte jedoch ab. "Das Projekt ist sinnvoll, die Datenübertragung war zulässig", erklärt Referent Harald Stelljes.

Einziger Knackpunkt sei die Frage, ob die Solardachkarte mit Straßennamen und Hausnummern online gehen dürfe. "So ließe sich möglicherweise ein Personenbezug herstellen und die Daten etwa für unzulässige Marketingzwecke missbrauchen", sagt Stelljes. Darüber werde noch diskutiert.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.