Warschau schützt Gay-Pride-Parade: Für Polen ein Fortschritt

Schwule und Lesben stehen nicht mehr ganz oben auf der Liste der nationalen Sündenböcke. Polen liberalisiert sich.

Randalierende Rechtsradikale, die mit Eiern und Flaschen werfen, Proteste aufgebrachter Katholiken und "nur" knapp ein Dutzend Festnahmen bei der ersten europaweiten Homosexuellen-Parade in Warschau: Für Polen ist das eine gute Nachricht. Schließlich ist hier die Diskriminierung sexueller Minderheiten nach wie vor an der Tagesordnung - kräftig befeuert durch die katholische Kirche und bestimmte politische Gruppierungen, wie die oppositionelle Partei für Recht und Gerechtigkeit (PiS).

Deren prominenter Vertreter, der tödlich verunglückte Präsident Lech Kaczynski, hatte 2005 als Bürgermeister von Warschau eine Homo-Parade in der Hauptstadt kurzerhand verboten. Doch offensichtlich taugen derlei öffentlich propagierte Ausgrenzungen und Dämonisierungen einer Minderheit nicht mehr dazu, weite Teile der Gesellschaft zu mobilisieren. Gründe dafür sind zum einen eine Liberalisierung des politischen Klimas unter der Regierung Tusk und dem neuen Präsidenten Bronislaw Komorowski. Und zum anderen ein Gesinnungswandel vor allem bei der Vertretern der jüngeren Generation, die sich immer stärker als Europäer definieren und endlich aus der Schmuddelecke der Ewiggestrigen rauswollen.

Gleichwohl sind einer aktuellen Umfrage zufolge immer noch 64 Prozent der Polen der Meinung, Schwulen und Lesben sollte es verweigert werden, für ihre Rechte zu demonstrieren. Die Warschauer EuroPride stellt aber nicht nur die Homophoben unter den Polen, sondern auch die Nachbarländer vor eine Herausforderung. Dort werden, wie in Russland, Demonstrationen von Homosexuellen von der Polizei mit äußerster Brutalität unterbunden. Zumindest auf die Polen kann sich jetzt niemand mehr berufen.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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