Atombombenabwurf über Hiroschima: Bewegung nach 65 Jahren

Bei der diesjährigen Gedenkfeier zum US-Atombombenabwurf beschwören so viele Diplomaten wie nie zuvor Barack Obamas Vision einer atomwaffenfreien Welt.

Aktion anlässlich des 65. Jahrestages des Atombombenabwurfs von Hiroschima. Im Hintergrund der "Atombomben-Dom". Bild: dpa

Wie jedes Jahr ertönte 8.15 Uhr die Friedensglocke. Eine Minute lang wurde im Friedenspark von Hiroschima um die über 140.000 Opfer des ersten Nuklearangriffs der Welt still getrauert. Nur das Zirpen der Zikaden war zu hören. Dann stiegen tausend Tauben in den Himmel. Schulkinder sangen das Lied vom Phönixbaum. Er ist das Symbol für den Wiederaufbau der Stadt, deren Zentrum am 6. August 1945 durch eine US-Atombombe völlig zerstört wurde.

Aber in diesem Jahr richteten sich die Blicke mehr nach vorn. Erstmals nahm ein offizieller Vertreter der USA an der Gedenkzeremonie teil. "Um der künftigen Generationen willen müssen wir weiter zusammenarbeiten, um eine Welt ohne Atomwaffen zu schaffen", erklärte John Ross, US-Botschafter in Japan, schriftlich. Auch der UN-Generalsekretär sowie Repräsentanten der Nuklearmächte Frankreich und Großbritannien waren erstmals bei der Veranstaltung dabei.

Es kamen Vertreter von 74 Staaten, so viele wie noch nie. Sie reagierten auf den Vorstoß von US-Präsident Barack Obama vom vergangenen Jahr in Prag, alle Nuklearwaffen abzuschaffen. Vor allem dafür hatte Obama den Friedensnobelpreis erhalten. UN-Chef Ban Ki Moon setzte sich in Hiroschima dafür ein, den Vertrag über einen Stopp aller Atomversuche 2012 in Kraft zu setzen. "Wir erleben bei den meisten Staaten eine neue Führung", sagte er. Dieser Schwung müsse beibehalten werden.

Die Anwesenheit der USA stieß in Hiroschima auch auf Kritik. Sie komme zu spät, meinte Haruko Moritaki von der Hiroschima-Allianz gegen Atomwaffen. Und die USA besäßen immer noch Atomwaffen. Auch Überlebende des Nuklearschlags waren nicht zufrieden. Der Besuch der US-Delegation sei zwar ein erster Schritt, doch eine Entschuldigung wäre besser, "aber das wird wohl nicht geschehen", meinte Terumi Tanaka vom Verband der Atombombenopfer.

Das US-Außenministerium hatte die Teilnahme von Botschafter Ross mit dem "Respekt für alle Opfer des Zweiten Weltkriegs" erklärt. Dagegen sprach Gene Tibbets, Sohn des Piloten, der die Bombe über Hiroschima abgeworfen hatte, von einer "unausgesprochenen Entschuldigung" der US-Regierung. Obama hatte im Januar angekündigt, als erster US-Präsident Hiroschima und Nagasaki zu besuchen.

Japans eigener Umgang mit der Atombombe geriet ebenfalls in die Diskussion. Premierminister Naoto Kan versprach, dass sein Land aktiv Abrüstungsvorschläge machen werde. Jedoch lehnte er die Forderung des Bürgermeisters von Hiroschima, Tadatoshi Akiba, ab, auf den atomaren Schutzschirm des Sicherheitspartners USA zu verzichten. Kan bestätigte die bisherige japanische Politik, keine Kernwaffen herzustellen, zu besitzen und einzuführen.

Dabei blieb aber offen, ob Japans Regierung den Transport von US-Atomwaffen durch seine Hoheitsgewässer weiterhin erlaubt, wie es seit den sechziger Jahren heimlich praktiziert wird. Angesichts der Möglichkeit, dass dies weiterhin geschehe, fühle er Empörung, schrieb Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe in der New York Times.

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