W-Lan-Kartographie: Das große Rennen um die Standorte

Nicht nur Google erfasst Funknetze. Zahlreiche Unternehmen und Forschungsinstitute wollen mit Hilfe der W-Lan-Kartographie Alternativen zur GPS-Ortung entwickeln.

Mehr Sensoren als erlaubt? Street View-Fahrzeug in Kiel. Bild: dpa

BERLIN taz | Es war der Skandal vor dem Skandal: Bevor Google aktuell wegen der Freischaltung des Straßenbilderdienstes "Street View" unter Druck geriet, wurde im April diesen Jahres eine Datenpanne anderer Art bekannt. Auf Nachfrage von Datenschützern aus Hamburg musste der Konzern damals einräumen, dass die "Street View"-Fahrzeuge bei ihren Fahrten durch die Städte nicht nur die Häuserfassaden abfotografierten. Die mit zahlreichen Sensoren ausgestatteten Autos protokollierten zugleich auch die vorhandenen W-Lan-Funknetze.

Und zwar, wie sich erst nach und nach herausstellte, mit weitaus mehr Daten, als notwendig gewesen wäre. Zunächst räumte das Unternehmen nur ein, dass die Scanner die Namen des Funknetzes (die SSID) sowie die Kennung des Routers (MAC-Adresse) erfassen und speichern würden. Beides sind Daten, die die Betreiber von Funknetzen gewissermaßen ohne Gefahr aussenden können. Wer nicht gerade seinen eigenen Namen als SSID verwendet, gibt von seiner Privatsphäre nicht viel Preis.

Andererseits sind diese Daten äußerst nützlich zur Standortbestimmung mit Hilfe von mobile Geräten. Techniken der W-Lan-basierten Ortung gelten als aussichtsreiche Alternative zur Ortung via GPS. Vor allem in Ballungsgebieten senden zahlreiche Funknetze Signale in einer individuellen und standortabhängigen Kombination. Und im Gegensatz zu GPS funktioniert die W-Lan-Ortung auch innerhalb von Gebäuden.

Nicht nur Google versucht daher, so viele Funknetze wie möglich zu kartographieren. Apple beispielsweise kooperierte jahrelang mit dem US-Unternehmen Skyhook Wireless, das ebenfalls solche Datenbanken erstellt. Vor einigen Wochen musste Apple sogar einräumen, dass der Konzern über das iPhone, ohne Wissen und Einwilligung der Nutzer, ebenfalls weltweit Informationen über Mobilfunkmasten und drahtlose Netzwerke sammelte, um auf diese Weise unabhängig von Drittanbietern solcher Daten zu werden.

Auch Forschungsinstitute wie das Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen arbeiten an der Verbesserung der Technik und erheben dafür Daten über Funknetze. Mittlerweile gibt es auch eine offene Plattform: Open WLANMap ist eine freies Projekt zum Aufbau einer Datenbank zur W-Lan-Ortung. Hier kann jeder Nutzer selbst sein Funknetz und dessen Standort eintragen.

Wo also lag der "Skandal" bei Google? Problematisch wurde Googles Funknetz-Scannerei, weil der Konzern in seinem Datenhunger zu weit ging und auch die übertragenen Nutzdaten erfasste und speicherte, sofern diese nicht verschlüsselt waren. Das sind diejenigen Daten, die den Inhalt eines Komunikation ausmachen - Sender, Empfänger, Inhalt der Kommunikation, also Texte, Zeichen, Bilder, Töne. Google macht einen Softwarefehler dafür verantwortlich und musste "einen sehr großen Fehler" einräumen.

Die angefallenen Daten seien jedoch ohnehin kaum verwertbar gewesen, weil jeder Mitschnitt nur wenige Bruchteile einer Sekunde angedauert habe, versicherte ein Sprecher. In Absprache mit und unter Aufsicht der Datenschutzbehörden versprach der Konzern, die gesammelten Datenberge so schnell wie möglich wieder ordnungsgemäß zu löschen.

Angesichts der Fülle von Projekten, die Funknetze zu scannen, dürfte es aber wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis die nächste "Datenpanne" bekannt wird.

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