Streit der Woche: Gibt es die DDR noch?

Seit 20 Jahren ist Deutschland wiedervereinigt. Doch in den Köpfen der Menschen scheint es die DDR noch zu geben. Oder sind das alles nur "Ossi"-Vorurteile?

Fahrende Ostalgie: der Trabant. Bild: reuters

BERLIN taz | Ist nun alles schön? Sind zwanzig Jahre nach der Unterzeichnung des Einigungsvertrags alle harmonisch vereint? Kann man überhaupt noch von Ost und West sprechen? Die Unterscheidung zwischen Ost und West spiele für junge Menschen keine Rolle mehr, meint zumindest Lothar de Maizière, der letzte DDR-Ministerpräsident. Deutschland wachse nun zusammen.

Früher wäre alles besser gewesen, davon sind Nostalgiker noch heute überzeugt. Im Osten, da gab es noch Werte wie Solidarität, Gemeinschaft, Ehrlichkeit. Ostdeutschland, das ist der Einkauf im Konsum-Laden, Rotkäppchensekt, Bambina Schokolade, das Sandmännchen. Für diese Menschen lebt die DDR weiter. In ihren Köpfen, ihrem Blick auf die Vergangenheit und dem Gefühl, vom Westen diskriminiert zu werden. Und so wie es den Konsum und das Sandmännchen noch gibt, gebe es im Osten auch die alten Tugenden.

Betrachtet man Zahlen und Fakten, gibt es aber auch sichtbare Unterschiede: Die Arbeitslosigkeit ist im Osten doppelt so hoch wie in Westdeutschland, es gibt doppelt soviele Hartz-IV-Empfänger und das Lohnniveau ist immer noch niedriger als im Westen. Außerdem werden politische Entscheidungen zu großen Teilen von Westdeutschen gefällt. Es reicht ein Blick in das Regierungskabinett, um sich davon ein Bild zu machen. Sind diese Unterschiede Überbleibsel der DDR – oder eine eigene Entwicklung nach der Wiedervereinigung?

Einige Ostdeutsche fühlen sich ungerecht behandelt von sogenannten Besserwissern aus dem Westen und nicht genügend anerkannt, sondern eher belächelt. Stereotype über „die Ossis“ gibt es noch immer: über ihr „einfaches Gemüt“, den Camping-Urlaub mit der Familie an der Ostsee, das Leben in öden Plattenbauten. Der Osten liege dem Westen nur auf der Tasche, heißt es oft. Im letzten Jahr beispielsweise flossen 5,8 Miliarden Euro an Finanzausgleichsgeldern in die neuen Bundesländer.

Auf der politischen Landkarte ist Deutschland als ein Staat erkennbar. Jedenfalls auf den neu gedruckten. Doch reichte es, eine politische Grenze von der Karte zu löschen, um die Menschen von der Einheit Deutschlands zu überzeugen? Oder entstehen die Grenzen im Kopf?

Die DDR scheint für manche noch immer präsent zu sein. Oder ist in Wirklichkeit die Ost-West-Vergangenheit für uns kein Thema mehr?

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