KONSUM: Auf Schnäppchenjagd

Im Kampf um bessere Arbeitsbedingungen in den Textilfabriken Asiens setzen Bremer Aktive künftig verstärkt auf Aktionen. So wie zum Auftakt der "Fairen Woche".

Die Schnäppchenjäger in Aktion (2009). Aber lohnt die Beute? Bild: Archiv

Sie werden Pfeil und Bogen mit sich führen und auf leisen Sohlen kommen. Ihre Pirsch führt durch die Stadt, in ihren Augen funkelt Gier. Sie sind auf der Jagd: nach T-Shirts und Klamotten, made in Bangladesh, in China, in Indonesien oder anderswo, genäht von armen Händen in stickigen Fabriken, Plackerei von früh bis spät, Gesundheitsschutz katastrophal, der Lohn: zum Hungern. Ein Megaschnäppchen.

"Wir wollen nicht kritisieren, dass jemand bei H&M oder KiK einkauft", sagt Nicole Weydmann. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Jacobs-University und Geschäftsführerin der Südostasien-Informationsstelle in Essen ist eine der Aktiven der Bremer Kampagne für saubere Kleidung. Die für Samstag geplante Flashmob-Aktion, rechtzeitig zum Auftakt der "Fairen Woche", wolle vielmehr "sensibilisieren" und "die Konsumenten auf unsere Seite ziehen". Diese sollten bei HändlerInnen und ProduzentInnen auf die Einhaltung von Mindeststandards bei der Herstellung der Kleidung drängen. Die BegleiterInnen der Schnäppchenjäger werden dazu "Kundenkarten" mit entsprechenden Forderungen an die PassantInnen verteilen, welche diese in den Geschäften überreichen können.

"Jede Firma, die ein bisschen was auf sich hält, versucht sich doch heute den Anschein zu geben, sie kümmere sich auch um soziale Belange", sagt Gertraud Gauer-Süß vom Bremer Informationszentrum für Menschenrechte und Entwicklung. Auf gewisse Weise sei das bereits ein erster Erfolg der Proteste. Doch gerade bei Kleidung gebe es inzwischen eine regelrechte Flut an Siegeln, die faire oder ökologische Produktionsbedingungen glauben machen wollten. Ob die bunten Logos tatsächlich für sinnvolle und strenge Kriterien und wirksame Kontrollen bürgten, sei kaum zu überblicken. "Wir kriegen viele Nachfragen deswegen", sagt Gauer-Süß.

Licht ins Dickicht bringen soll ein Einkaufsratgeber, für den Aktive der Bremer Gruppe derzeit zu den wichtigsten in Bremen und im Internet vertretenen Textil-Herstellern und -händlern recherchieren. Die Broschüre soll rechtzeitig zur Weihnachtszeit fertig sein.

Getragen wird die Kampagne für saubere Kleidung von einem breiten Netzwerk an Organisationen vom DGB über den Weltladen bis zu Terre des Femmes. Der Schwerpunkt lag bisher auf Bildungsarbeit, Veranstaltungen in Schulen und Gemeinden. Künftig werde man aber verstärkt auch auf öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Flashmobs setzen, kündigt Weydmann an. Für die kommenden Monate seien unter anderem verschiedene "gezielte Vor-Ort-Aktionen" geplant, Details sind noch geheim. Ausbauen wollen die Bremer Aktiven zudem ihre Aktivitäten im Internet und mit virtuellen Medien - auch hier mit dem Ziel, den Druck auf ProduzentInnen und HändlerInnen zu erhöhen.

Das Interesse der VerbraucherInnen an Kleidung, die unter fairen Arbeitsbedingungen und ökologisch verträglich produziert werde, nehme zu, sagt Sauer-Süß. Faktisch werde der allergrößte der Teil der Kleidung jedoch nach wie vor zu unfairen Bedingungen produziert. Verbesserugen auf breiter Ebene zu erreichen sei "schwierig". Im November werden TextilarbeiterInnen aus Indonesien und Bangladesh in Bremen Station machen und berichten.

T-Shirts für drei Euro das Stück gäbe es bei fairen Arbeitsbedingungen sicher nicht, macht Gauer-Süß klar: "Waren haben ihren Preis." Die Mega-Schnäppchen-Jäger, ob mit Pfeil und Bogen oder ohne, gingen dann wohl leer aus.

Fair gehandelte Nahrungs- und Genussmittel stehen im Mittelpunkt der zehnten "Fairen Woche" in Bremen vom 13.-26. September.

Viele Dutzend Initiativen, Betriebe, Schulen, Händler und Gastronomen laden zu Verkostungen, Vorträgen und Veranstaltungen, viele davon umsonst.

Auftakt ist am Freitag mit einer "fairen Kaffeefahrt" mit Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne), 14 Uhr, Martinianleger

Programm: www.fairewoche.de.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.