Eineinhalb Jahre nach Winnenden-Amoklauf: Prozess gegen Vater von Tim K. beginnt

Der Amokläufer von Winnenden tötete 15 Menschen, die Pistole fand er im Schlafzimmer seiner Eltern - unverschlossen. Welche Schuld trägt der Vater?

112 Schüsse feuerte der 17-Jährige ab und tötete damit 15 Menschen. Bild: dpa

Eineinhalb Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden steht der Vater des Täters Tim K. ab Donnerstag vor Gericht. Er muss sich wegen des Verstoßes gegen das Waffenrecht verantworten. Noch nie zuvor wurden in Deutschland die Eltern eines Amokläufers vor Gericht belangt. Wie das Landgericht Stuttgart mitteilte, seien 41 Nebenkläger mit insgesamt 19 Nebenklägervertretern zugelassen. Es handle sich deshalb um einen der größten Strafprozesse in der Geschichte des Landgerichts.

Am 11. März 2009 hatte der 17-jährige Sohn des Angeklagten an der Albertville-Realschule in Winnenden neun Schüler und drei Lehrer erschossen. Auf der anschließenden Flucht tötete er drei weitere Menschen und erschoss sich danach selbst. Für die Tat hatte Tim K. die Pistole seines Vaters benutzt. Dieser hatte die Waffe unverschlossen im Schlafzimmer aufbewahrt.

Der Prozess ist auf 27 Verhandlungstage angesetzt. Laut Gericht sollen eine Vielzahl von Zeugen und verschiedene Sachverständige angehört werden. Bei den Zeugen handle es sich unter anderem um Polizeibeamte, aber auch um "von den Taten von Tim K. betroffene Personen, Mediziner und Angehörige des Angeklagten", heißt es in einer Mitteilung. Ob auch Kinder angehört werden, die den Amoklauf überlebt haben, beantwortete eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage nicht.

Wie das Magazin Focus berichtet, soll der Vater des Amokläufers in einer Polizeivernehmung offenbar seine Mitschuld an der Tat eingeräumt haben. Demnach sagte er der Polizei, neben dem Leid seiner Familie komme für ihn selbst "die Schuld hinzu, dass es meine Waffe war, die Tim bei der Tat verwendet hat". Er habe die Waffe aus Angst vor Einbrechern im Schlafzimmerschrank aufbewahrt.

Am Abend vor der Tat habe er zur Kontrolle in den Schrank gegriffen, die Pistole sei da gewesen. Tim müsse deshalb das Versteck heimlich ausgekundschaftet haben und die Waffe am nächsten Morgen in die Schultasche gesteckt haben. Der Familie sei Tims Verhalten unerklärlich.

In einer Stellungnahme des Aktionsbündnisses "Amoklauf Winnenden" zum Prozessauftakt heißt es: "Es darf nicht sein, dass ein Minderjähriger in Deutschland einfach losziehen darf, 15 Menschen ermordet und es ergeht lediglich ein Strafbefehl wegen einer Ordnungswidrigkeit gegen denjenigen, der die Waffe nicht ordnungsgemäß gesichert hat", so die Stiftung, die sich gegen Gewalt an Schulen gegründet hat. "Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass der Angeklagte in diesem Verfahren nicht der Täter, sondern der Vater des Täters ist." Die Stiftung, der auch Eltern von Opfern des Amoklaufs angehören, wolle keine Rache nehmen. Auch käme es auf kein bestimmtes Strafmaß an. "Es kommt vielmehr darauf an, dass in einem öffentlichen Verfahren dieser Staat Stellung bezieht zu dem, was er unter Verantwortung versteht - Verantwortung von Eltern für ihre Kinder, Verantwortung des Staates für seine Bürger."

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