David Lynch über Fernsehen und Meditation: "3-D macht die Geschichte nicht besser"

Der Regisseur David Lynch erhielt bei der Cologne Conference einen Preis. Mit der taz spricht er über den Vorteil von Werbepausen und seine Faszination für Maharishi Yogi.

Vorbild und nächstes Filmprojekt von David Lynch: Maharishi Yogi Bild: dpa

taz: Herr Lynch, 1991 hatte "Twin Peaks" hier in Köln beim Film- und Fernsehfestival Cologne Conference Deutschland-Premiere. Was hat sich seitdem im TV verändert?

David Lynch: Durch die Einführung des werbefreien Pay-TV in den USA ist der Freiraum für gute Geschichten gewachsen. Auch Serien mit einer durchgehenden Handlung, die ich besonders gerne mag, können nun besser erzählt werden. Vor einiger Zeit hatten die Studios noch Vorbehalte: Sie glaubten, es wäre für die Zuschauer zu kompliziert, jede Woche einen Teil der Geschichte mitzuverfolgen - keiner würde mehr einschalten, der eine Folge verpasst hätte. Heute, mit dem Internet und allen anderen Möglichkeiten, gibt es diese Probleme nicht mehr.

Technik und Inhalt werden immer stärker eins und verändern Sehverhalten und Fernsehkonsum. Die neueste Sau, die durchs Dorf trabt, ist 3-D. Ist das eine Chance oder macht das einem TV-Avantgardisten Angst?

Der Surrealist: David Lynch, 64, hat mit Filmen wie "Der Elefantenmensch", "Blue Velvet", "Wild at Heart" oder auch der TV-Serie "Twin Peaks" neue Standards geschaffen. Vergangene Woche wurde er bei der Cologne Conference mit dem Film- und Fernsehpreis der Stadt Köln ausgezeichnet. Sein Gernsehfilm "2001" ist übrigens von 1968.

Es immer eine Frage der Geschichte und wie die Geschichte erzählt wird. Das Medium spielt nicht wirklich eine Rolle - gleichgültig ob über Video, Internet oder mobile Anwendungen. Auch stereoskopisches 3-D ist nur ein Trick, ein Element. Es wird die Geschichte nicht besser machen. Ich glaube, 3-D-Fernsehgeräte sind nur ein Vehikel für die Industrie, um mehr Geld zu verdienen.

Sie sind also auf das Rundum-Sorglos-Paket abonniert und mit sich im Reinen?

Ich mag alles, was ich getan habe. Außer "Dune - Der Wüstenplanet", da hatte ich nicht die Kontrolle über den Schnitt, und daher war es auch ein Misserfolg. Ein Regisseur braucht die Freiheit, das zu tun, was die Idee gebietet, dann sind die Voraussetzungen für Erfolg gegeben. Ich liebe alle meine Projekte und ich liebte es, sie zu realisieren.

Und ob Sie dabei für das Fernsehen oder für das Kino gearbeitet haben, war Ihnen natürlich völlig egal.

Nein. Als wir "Twin Peaks" machten war es die gleiche Arbeit, als ob wir einen Kinofilm gemacht hätten. Allerdings sind die Werbepausen beim Fernsehen in gewisser Weise interessant. Alle acht bis zwölf Minuten gibt es eine Unterbrechung. Ein Kinofilm geht mindestens 90 Minuten durch. Es ist sehr anspruchsvoll, den Zuschauer solange in seinen Bann zu ziehen. Je größer das Kino, je mehr Zuschauer - desto schwieriger wird es. Die Werbepausen im kommerziellen Fernsehen machen es da schon wesentlich einfacher, das Publikum zu fesseln.

Das heißt, Unterbrecherwerbung macht es für den Regisseur leichter? Da springt Ihnen doch die ganze Zunft mit angezogenen Knien wohin!

Die grundsätzliche Herausforderung ist bei allen Projekten immer die, die eigenen Ideen zu übersetzen. Aber am Ende dieses Prozesses, wenn alles geklappt hat, entsteht eine Euphorie wie bei einer Rockband, die nach einem gelungenen Auftritt die Bühne verlässt.

Und wie lautet dafür das Erfolgsrezept?

Die Regel heißt: Bleibe deiner Idee treu!

Deswegen meditieren Sie ja auch seit 37 Jahren und sind ein Anhänger der Lehren von Maharishi Mahesh Yogi, für dessen "Transzendentale Meditation" (TM) Sie sich stark machen. Wie viel findet sich davon eigentlich in Ihren Arbeiten wieder?

Nichts, ich bin kein Botschafter. Ich bekomme Ideen, und manchmal bekomme ich Ideen, in die ich mich verliebe. Dann bin ich glücklich, weil ich weiß, was ich dann zu tun habe.

Wobei Ihr "Glück" dann offensichtlich stark im psychedelischen Ausleuchten menschlicher Abgründe besteht.

Ein Künstler darf nicht daran leiden, das Leid der Welt darzustellen?

Zurück zur Botschaft: Sie betreiben auch den Web-Channel dlf.tv, um für TM zu werben. Ist das Internet heute die bessere Möglichkeit, solche Botschaften unters Volk zu bringen?

Einen Web-Channel zu betreiben ist schwierig. Er muss immer mit neuen Inhalten gefüttert werden. Jeder kann eine Website ins Netz stellen, aber die Bilder und die Sounds wirken teilweise billig. Es gibt so viele Bilder, so viele Sounds. Das Publikum möchte in eine neue Welt hineinwachsen. Das wird kaum funktionieren, wenn der Bildschirm klein und die Tonqualität schlecht ist. Es ist traurig, dass sich die Menschen heute an diesen eingeschränkten Konsum über Computer oder Handy gewöhnen. Sie erhalten nicht das Erlebnis, das sie haben könnten.

Welches Erlebnis kommt als nächstes von Ihnen?

Ich arbeite an einer Dokumentation über Maharishi Yogi. Ich bin kein Dokumentarfilmer, aber ich werde das angehen. Es ist so abstrakt und schwierig, etwa das Manifest des Unmanifesten zu visualisieren. Die Quantenphysik beschäftigt sich im Grunde mit demselben Thema. Computeranimierte Grafiken könnten da helfen. Allerdings ist es für mich weniger eine wissenschaftliche Abhandlung, es ist mehr eine Angelegenheit des Gefühls. Aber es sollte schon auf einer großen Leinwand stattfinden.

Haben Sie in letzter Zeit überhaupt einen Film von jemand anderem gesehen, der Sie beeindruckt hat?

"2001" von Stanley Kubrick - übrigens auf Blue Ray.

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